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Rückblick auf die Blogparade #KulturAlltagCorona

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Skulptur in Bibiothek in Sienna

Kultur und Corona

Das war sie nun, meine zweite selbst initiierte Blogparade, wieder einmal in Kooperation mit dem Kulturverein Kultur hoch N, in dessen Vorstand ich mitwirken darf. Kultur hoch N verfügt über einen eigenen Blog, der explizit für Gastbeiträge geöffnet ist, so dass an den Blogparaden auch Institutionen und Menschen teilnehmen können, die über keine eigene Publikationsmöglichkeit verfügen. Besonderen Dank sende ich an dieser Stelle an Birgit Baumann, die nicht nur viele Teilnehmende direkt angesprochen hat, sondern das Einpflegen der Beiträge auf dem Blog von Kultur hoch N übernommen hat. Bei den Social-Media-Aktivitäten hat sie zudem Unterstützung von unserer Vereinsvorsitzenden Steffi Karg erhalten. So konnte das Projekt zu einem rundum gelungenen Ereignis werden, das wir bewusst in die Sommerzeit gelegt haben.

Mit #KulturAlltagCorona haben wir Museen, Kulturinstitutionen, Kulturschaffende und kulturaffine Menschen angesprochen. Wir wollten von ihnen wissen, wie sie sich in ihrem neuen Alltag in der Coronakrise eingerichtet haben. Die Eindrücke und Erfahrungen, die uns erreichten, waren so vielfältig wie die Teilnehmenden. Vielen Dank allen, die dazu beigetragen haben!

Der erste Museumsbesuch

Wie sehr die ersten Gehversuche der Museumsbesucher von Unsicherheit begleitet waren, beschreibt Petra von Cronenburg. Sie schildert uns, wie sie ihr Museum, in dem sie auch ehrenamtlich tätig ist, als Ort des sozialen Lebens vermisst hat. Aber auch die Entfremdung und Hilflosigkeit angesichts der Krisen-Situation, die das Gewohnte verbannt hat, kommen zum Ausdruck. Diese Unsicherheit schwingt auch im Beitrag von Wibke Ladwig über ihren ersten Museumsbesuch nach dem Lockdown mit. Doch überwiegt die Freude auf die Begegnung mit Originalen.

Damit schneiden wir einen Schwerpunkt der Museumsarbeit während des Lockdowns an. Da der Besucher nicht den Ort der Originale betreten konnte, wurden digitale Angebote ausgebaut, einige als provisorische Lückenbüßer, andere, um dauerhaft zu bleiben. Die in dieser Zeit aus dem Boden sprießenden digitalen Inhalte können aber auch zu einem Überangebot und einer gewissen Onlinemüdigkeit führen, wie Birgit Baumann an sich selbst feststellt. Umso mehr genießt sie es, wieder als ehrenamtliche Aufsichtskraft in ihrem Museum tätig zu sein oder die fast menschenleere Bremer Kunsthalle zu besuchen. Die Leere in Museen scheint in der Tat vielerorts zum Problem zu werden, aber dazu im nächsten Abschnitt mehr.

Neue Abläufe im Museum

Digitalisierung, Hygieneregeln und Besucherzahlen

Für die Museen selbst scheinen vor allem drei Themen im Mittelpunkt dieser Krise zu stehen: Es sind wenig überraschend die Digitalisierung, die Hygieneregeln und die Besucherzahlen. Der letzte Punkt steht in unmittelbarer Verbindung mit der wirtschaftlichen Situation der Institutionen. So beklagt das Olaf Gulbransson Museum Tegernsee fernbleibende Besucher. Das TECHNOSEUM verlegte eine Ausstellungseröffnung gleich ins Digitale und muss mit dem Umstand kämpfen, dass die vielen interaktiven Stationen des Museums geschlossen bleiben müssen. Und das Deutsche Uhrenmuseum beschreibt die Ambivalenz zwischen der Erleichterung, wieder in einem geöffneten Museum zu arbeiten, und dem Fehlern der Unbekümmertheit, die uns wohl noch lange im Alltag begleiten wird.

Eine besonders kreative Lösung, mit den Hygienebestimmungen umzugehen, fand das Natureum Niederelbe. Dort werden dem Besucher Holzstöcke – „Zauberstab“ genannt – in die Hand gedrückt, mit denen sie die interaktiven Ausstellungselemente bedienen können. Lars Lichtenberg, Leiter der Einrichtung, berichtet von nur zögerlich steigenden Besucherzahlen nach der Wiedereröffnung und von den wirtschaftlichen Folgen. Gleichzeitig stellt er fest, dass das ehrenamtlich geführte Kehdinger Küstenschiffahrts-Museum, dessen Leitung er ebenfalls innehat, aufgrund der geringen Personalkosten besser durch die Krise gekommen ist. Sein Appell ist so richtig wie überfällig:

Daher plädiere ich auch dafür, dass die Förderung von Kunst und Kultur in die Landesverfassungen als Pflichtaufgabe aufzunehmen ist. In Niedersachsen habe ich diesbezüglich bereits dem zuständigen Minister Björn Thümler gesprochen, der mir versicherte, dass im Ministerium für Wissenschaft und Kultur bereits an einer Umsetzung dieser Forderung gearbeitet wird. Hoffentlich erfolgt eine Umsetzung noch rechtzeitig.

Eingang ins Museum

Aus der Not eine Tugend gemacht

Andere Museen haben sich durch besondere Aktivitäten durch die Krise gearbeitet. Schlösser und Gärten Baden-Württemberg stellten zahlreiche (digitale) Programme und Projekte auf die Beine, darunter auch virtuelle Rundgänge. Dass gerade auch kleine Einrichtungen aus der Not eine Tugend machen können, beweist das Haus der Stadtgeschichte Waiblingen mit dem Projekt Janus:

Waren wir vorher das alte Heimatmuseum mit neuem Anstrich, wollen wir ab jetzt das Forum für alle sein, die sich beteiligen möchten. Allein war die Krise kaum zu schaffen – das können wir gemeinsam besser. Neue Ausstellungsformate, Vermittlungskonzepte und die Ideen dazu schwirren schon fröhlich durch unsere Büros.

Das Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein setzt ebenfalls auf den Ausbau der Digitalisierung und macht sich zudem die Dokumentation der Pandemie zur Aufgabe. Ähnliche Ideen habe ich auch schon von einigen Museen gelesen. Vielleicht ließe sich daraus ein gemeinsames Projekt realisieren.

Kultureinrichtungen am Limit

Besonders schwer haben es während der Coronakrise diejenigen Kultureinrichtungen, die unmittelbar mit Menschen arbeiten oder von Veranstaltungen leben. Hier kann von Normalität noch lange nicht gesprochen werden. Petra Wendholz, Leiterin der Kunstschule Zinnober in Papenburg, beklagt den fehlenden persönlichen Kontakt, setzt dabei ihr ganzes Engagement in kreative Projekte, die freischaffenden Künstlern ein faires Honorar sichern. Bodo Wollf, Leiter der Musik Akademie Obergrafschaft ist nicht ganz zu Unrecht enttäuscht vom Umgang der Politik in Niedersachsen mit Kultureinrichtungen. Nur dem Engagement seiner Mitarbeiter ist zu verdanken, dass seine Einrichtung noch am Leben ist.

Irina Doelitzsch-Kaufmann berichtet von den Hürden, die sie bei der täglichen Arbeit bei einem Kulturveranstalter, dem Internationalen Arbeitskreis für Musik, überwinden muss. Die rasant wechselnden Hygienebestimmungen, die in jedem Bundesland auch noch differieren, machen Planungen nicht nur unmöglich, sie spielen auch in ihr privates Lebensumfeld als Chorsängerin und als Konzert-Rezensentin hinein.

Frust für Selbständige

Der Frust bei Selbständigen in der Kulturbranche sitzt am tiefsten, denn sie gehören zu den großen Verlierern der Krise. Die eilig aufgesetzten Hilfsprogramme gehen an ihrer Lebenswirklichkeit vorbei. Mein eigener Beitrag zur Blogparade zeigt das Wechselbad der Gefühle auf, das ich in den letzten Monaten durchmachte. Und trotz aller Unwägbarkeiten und finanzieller Verluste, die damit einher gingen, bin ich in der glücklichen Lage, mich in dieser Krise als privilegiert bezeichnen zu können.

Der Magier und Heilpraktiker Knut Knackstedt bemängelt das Fehlen des unmittelbaren zwischenmenschlichen Kontakts und die sich wöchentlich ändernden Anforderungen, die zudem länderspezifisch sind und oft willkürlich wirken. Sie machen Veranstaltungen nahezu unmöglich. Geradezu verbittert stellt er fest:

Und tatsächlich habe ich den Eindruck, dass gerade eine ganze Menge Menschen ihren Hunger auf Kultur (vielleicht zum ersten Mal überhaupt) entdecken, einfach, weil ihnen was fehlt. Wohingegen ich mir ebenfalls sicher bin (weil ich ihnen manchmal begegne), dass es auch eine ganze Menge Menschen gibt, die die aktuelle Situation als zutiefst befriedigend empfinden: Da sieht man endlich mal, dass man auf diese ganze Kasperei auch gut verzichten kann…

Der schwierigen Situation des Kulturschaffenden in der Coronakrise hat sich das Projekt #Kulturerhalten angenommen. Es stellt sich im Rahmen unserer Blogparade vor. Die Initiative setzt sich für die nachhaltige Rettung der kulturellen Landschaft in Kleinkunst, Musik, Literatur und Schauspiel ein. Und mit dieser hoffnungsvollen Aussicht ist auch ein guter Schlusspunkt für die Zusammenfassung der Blogparade gefunden. Danke allen, die dazu beigetragen haben!

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