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Mein Weg ins Netz

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Computer-Platine

Die Blogparade #meinweginsnetz

Die Kulturfritzen rufen auf zur Teilnahme an der Blogparade #meinweginsnetz. Anne Aschenbrenner erzählt von einem ihrer Schlüsselmomente, die analoge und digitale Welt fruchtbar zusammenbrachte. Nun bittet sie die Netzgemeinde ihre Netzbiographien zu erzählen. Die Idee dient zugleich als Vorbereitung für das stARTcamp Wien #scvie19. Gerne mache ich da mit!

Die Leitfragen

Ich bin ein Freund des freien Erzählens. In diesem Fall habe ich aber entschieden, mich akribisch an den Leitfragen der Kulturfritzen abzuarbeiten.

Wann und wie war dein erster Kontakt mit dem Internet?

Das muss Ende der 90er Jahre gewesen sein. Woran ich mich sehr gut erinnern kann, ist meine erste Registrierung einer E-Mail-Adresse im Jahre 1999. Damit war ich im Freundeskreis einer der ersten. Übrigens: Diese Adresse existiert noch heute und dient auch weiterhin als mein privater Hauptkontakt. Ich besitze noch immer Nachrichten aus diesem Jahr auf meinem Rechner – aus nostalgischen Gründen versteht sich. Schräg, nicht?

Internet besaßen wir aber schon einige Jahre länger, vielleicht seit 1996, ich kann mich nicht mehr genau entsinnen. Natürlich erinnere ich mich an das charakteristische Geräusch, wenn sich das 56k-Modem mit dem Netz verband und die Flüche, weil wir stundenlang telefonisch nicht erreichbar waren. Eine Erinnerung wie aus einer anderen Dimension, dabei ist es erst 20 Jahre her.

Verwendest du Social Media? Wenn ja: Seit wann? Welche Kanäle? Und zu welchem Zweck?

Wenn man Foren zu Social Media zählt – und das sollte man – dann trieb ich mich seit 2003 etwa ein Jahrzehnt in diversen Foren herum und war auch als Moderator und Administrator tätig. Ich habe das als Ausgleich zu meiner Dissertation angesehen, die in großen Phasen aus Schreibtischarbeit bestand. Vieles, was ich damals so in die Tasten gehauen habe, ist mir in der Nachschau fast peinlich. Heute fungiere ich übrigens wieder als technischer Administrator in einem Architekturforum. Das ist eine Kombination, die meine Leidenschaften kaum besser vereinen könnte.

Bei dem, was viele langläufig als Social Media bezeichnen, war ich ein Spätzünder. Ich startete erst 2015 mit Facebook durch. 2018 kam Twitter hinzu. Beide Kanäle pflege ich bereits aus beruflichen Gründen intensiv. Es existieren weitere Profile bei Xing und Pinterest. Weitere Ausflüge in die Welt der sozialen Netzwerke sind geplant: Flipboard und LinkedIn. Um Instagram mache ich bisher bewusst einen großen Bogen. Vielleicht ergibt es sich aber mal beruflich. Was man bei mir aber vergeblich auf den sozialen Kanälen suchen wird: Bilder meines Mahlzeiten oder persönliche Befindlichkeiten, weil mich das Wetter nervt.

Twitter

Wie und wofür nützt du das Internet heute?

Beruf ist das richtige Stichwort: Ich bin mittlerweile als Webdesigner selbständig. Da ich von Haus aus Kunsthistoriker bin und bis 2017 an der Schnittstelle zwischen Kultur und EDV gearbeitet habe, habe ich meine Kontakte genutzt und den Kulturbetrieb zu meiner Zielgruppe auserkoren. Meine Qualifikation als Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing erlaubt es mir Webdesign in einen größeren Kontext einzubinden. Mittlerweile nehme ich auch Aufträge für das Online-Marketing von Kulturbetrieben an. Kurzum: Das Internet ist auch meine berufliche Heimat.

Und da ist dann auch noch dieser Blog hier. 2015 unter dem Namen Zeilenabstand.net gegründet, wurde er von mir ohne wirkliches inhaltliches Konzept einfach aus Lust und Laune betrieben. 2017 erfolgte dann die Integration in meine Selbständigkeit und eine thematische Fokussierung auf Kultur und Digitales. Neben privaten Interessen dient er natürlich primär der Sichtbarkeit und Reichweite meines Ein-Mann-Unternehmens. Und ich habe Freude daran, zu schreiben und zu publizieren! Auch provokant.

Wie es zu dem Namen kam? Ich hatte eine Zeit lang folgende Erläuterung online stehen, die natürlich auch heute noch zutreffend ist:

Bei der Wahl für den Namen des Blogs hatte ich ein Wortspiel im Sinn. Täglich prasselt auf uns eine immense Fülle an Informationen und Nachrichten herab. Im Alltag verarbeiten wir nur die wenigsten davon und diejenigen, die uns einen Gedanken mehr wert sind, können manchmal nur oberflächlich mit anderen Personen geteilt werden. Ein Blog ermöglicht es, diese Gedanken zu strukturieren, sie mit einem gewissen Abstand in Zeilen (Zeilenabstand) „zu Papier“ zu bringen und sie damit der flüchtigen Betrachtung zu entziehen. Der Name eignete sich in seiner eigentlichen Bedeutung gleichermaßen für die Marke eines Webdesigners und wurde daher weitergeführt.

Blog

Wie siehst du deine Rolle im digitalen Raum? Ist sie politisch?

Der erste Teil der Frage ist so weit gefasst, dass man ganze Blogs damit füllen könnte. Ich unternehme erst gar nicht den Versuch, sie umfassend zu betrachten. Mir erscheinen aber zwei Aspekte bei meiner Rolle im digitalen Raum wichtig: Wissen durch gewissenhafte Recherche aneignen und dieses Wissen teilen! Daran habe ich hohe Ansprüche – mir selbst gegenüber, aber auch in Hinblick auf Äußerungen anderer. Im empfinde es oft als deprimierend, dass Falschinformation gegenüber seriös recherchierten Fakten die Oberhand gewinnen. Das ist aber wohl der Preis dafür, dass jeder die Freiheit besitzt, seinen Senf per Internet in der Welt zu verteilen.

Eine politische Rolle nehme ich nicht bewusst ein. Ich glaubte immer, tendenziell ein unpolitischer Mensch zu sein. Ich bin allerdings durch die in den letzten Jahren immens gestiegenen Übergriffe der Politik in digitalen Fragen unfreiwillig politisch geworden. Die zum Teil haarsträubenden Regulierungsversuche greifen massiv in unseren digitalen Alltag ein und bedrohen auch meine Selbständigkeit. Erstmals seit meiner Studienzeit bin ich 2019 auf die Straße gegangen und habe gegen die EU-Urheberrechtsreform demonstriert. Aber eigentlich leite ich damit schon zur nächsten Frage über.

Wie hat sich das Internet und deine Rolle darin in den letzten Jahren verändert?

Das Internet hat nicht zuletzt durch die Regulierungswut der Politik in den letzten Jahren viel von seinem Charakter als Ort des offenen Austausches und des voneinander Lernens eingebüßt. Und dabei befürchte ich, dass wir erst am Anfang einer Entwicklung stehen könnten. Unrühmliche Höhepunkte dieses Prozesses sind die DSGVO und die EU-Urheberrechtsreform. Beide waren gut gemeint, wurden aber in katastrophaler Weise handwerklich unzureichend umgesetzt. Die Folgen bekommen bereits jetzt die internetaffinen Menschen zu spüren, während es älteren Generationen weitgehend gleichgültig ist.

Das drängt mich als Freiberufler, der sich noch mitten im Aufbau und der Konsolidierung seiner Selbständigkeit befindet, in die Defensive. Viel Arbeitszeit ging dadurch verloren und bremste meine Kreativität massiv aus. Und ich musste meine Rolle neu definieren: Datenschutz ist ein hohes Gut, aber ich musste mir eigene Grenzen setzen, bei deren Überschreiten die Effektivität meiner Arbeit massiv leidet. Urheberrechte gehören geschützt, aber nur im Ausgleich mit den Interessen der Nutzer. Solche Überlegungen führen zwangsläufig in einen Zwiespalt, den ich durch meinen eigenen Weg auflösen muss.

Und wenn wir über Veränderungen im Netz sprechen, dann darf die Verrohung der Sprache und die unerträgliche Hetze nicht unerwähnt bleiben. Gerade in diesen Tagen, an denen der Mord am Politiker Walter Lübcke die Diskussionen über rechten Terror in Deutschland wieder aufflammen lässt, werden die Rufe nach gesetzlichen Schranken im Netz sicher nicht leiser werden. Was war denn nun zuerst da, die Henne oder das Ei? Hat der gesellschaftliche Rechtsruck, der sich vor allem im Netz manifestiert, zum Erstarken von rechtspopulistischen Parteien wie der AfD geführt? Oder hat die aggressive Rhetorik der AfD Hass und Hetze im Netz erst salonfähig gemacht? Auch hier gilt es, seine Rolle zu finden. Hält man dagegen oder ignoriert es, lässt es einfach geschehen?

Wie hat das Internet dein Offline-Leben verändert?

Das Internet hat den Alltag von uns allen revolutioniert, da müssen wir uns nichts vormachen. Ob dies nur positiv besetzt ist, sei mal dahingestellt. In meiner Erinnerung hat sich vor allem die Art und Weise der Informationsbeschaffung und die Kommunikation mit dem eigenen Umfeld verändert. Letzteres machte folgende Entwicklung: Telefon – E-Mail – Social Media (inkl. WhatsApp). Mit SMS bin ich nie warm geworden und habe es mehr oder weniger übersprungen.

Auch Tagesabläufe haben sich bei mir verschoben. Das mag aber vor allem an meinem Beruf und meiner Einstellung zu ihm liegen. Weil ich liebe, was ich tue, fällt es mir auch schwer, beruflicher von privater Tätigkeit zu trennen. Das gilt übrigens auch für diesen Blog. Schreibe ich hier aus beruflichem oder privatem Interesse? Beides! Das hat bei mir zur Folge, dass der erste und der letzte Blick am Tag meist den Social-Media-Kanälen gilt – zwischendurch sowieso. Das Schöne daran: Ich fühle mich so gut wie nie gehetzt. Ältere Generationen (ich bin selbst deutlich Ü40), denen dieses Verhalten fremd ist, seien an ihre Morgenzeitung, die tägliche Radiosendung oder die abendliche Tagesschau erinnert. Letztlich habe wir alle unsere Rituale, nur dass wir heute in unserer Auswahl viel flexibler sind.

Könntest du dir ein Leben ohne Internet noch vorstellen?

Ganz ehrlich: nein! Aber man gewöhnt sich an vieles, wenn das gesamte Umfeld diesen Schritt ebenfalls vollführt und man ein Verhalten oder eine Lebensweise als „normal“ empfindet.

Bisherige Beiträge

Da die Kulturfritzen die bisherigen Beiträge der Blogparade nicht online sammeln, übernehme ich hier diese Aufgabe ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

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