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Meine ersten Monate bei Facebook

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Der Social-Media-Abstinenzler

Ich glaube, es war im Juli 2015, als ich meinen langjährigen Widerstand gegen Facebook aufgab. Der Totalverweigerer legte sich nun auch einen Account an, aus beruflichen Gründen und ein wenig Neugier, versteht sich. Nun gehöre ich nicht gerade der Generation an, die mit Social Media groß geworden ist. Entsprechend war meine Ausbeute bei der Suche nach alten Schulfreunden nur selten von Erfolg gekrönt, was auch dem Umstand geschuldet sein könnte, dass nicht jeder mit realem Namen in der großen und weiten Facebook-Welt unterwegs ist. Dafür ergaben sich einige lose Kontakte mit ehemaligen Studienkollegen bzw. Facebook gaukelt einem so etwas wie sozialen Kontakt in dieser Hinsicht vor. Immerhin ruft man sich dadurch einige Namen und Gesichter wieder ins Gedächtnis.

Und sonst? Ich nutze dieses Medium tatsächlich ab und zu. Und es hat auch seine Berechtigung. Zum Beispiel, um diese Blog-Beiträge in Umlauf zu bringen oder sich schnell und zielgerichtet täglich zu informieren. Bedenklich finde ich doch die zugegebenermaßen nicht gerade neue Entwicklung, sein Leben mit Facebook zu synchronisieren, indem man der Welt mitteilt – nein, sogar fotografisch festhält – was man gerade isst oder welchen Gemütszustand man gerade durchlebt. Interessiert das wirklich jemanden oder bin ich einfach schon zu verkalkt, um den Mehrnutzen dieser Kommunikationsform zu erkennen? Nun gut, andere werden vielleicht gerade das über meine Blog-Beiträge denken. Insofern muss jeder selbst entscheiden, wie sehr er sein Leben teilweise unwiderruflich im globalen Netz präsentiert. Beruhigend zu wissen, dass meine (Facebook-)Freunde weniger zu dieser Spezies gehören.

Facebook als Spiegelbild der Gesellschaft?

Gelöschte Bewertungen

In Erinnerung blieb mir gleich mein Einstieg. Ich hinterließ eine Kritik über das Krisenmanagement des Intendanten bei einer Musical-Freilichtveranstaltung. Und eigentlich tat ich das in meiner gewohnt sachlichen aber durchaus kritischen Form. Und schon hatte der Veranstalter es von seiner Facebook-Seite gelöscht. Offensichtlich waren nur 5-Stern-Bewertungen gewünscht. Aha, dachte ich mir, es ist wie auf vielen anderen Bewertungs-Seiten auch: Alles geschönt, nur dass der Bewertete hier gleich selbst Hand anlegen kann.

Ich lasse mich ja durch so etwas nicht beirren und setze es gleich noch einmal ein, dieses Mal mit dem Zusatz, wie fragwürdig es ist, sachliche Kritik zu löschen. Da der Beitrag dann recht schnell geliked wurde, traute man sich offensichtlich kein zweites Mal, zensierend einzugreifen. Heute kann ich meine Bewertung dort nicht mehr finden. Vielleicht hat man sie erneut gelöscht. Ich habe die Seite trotzdem unter meinen Likes, denn man sollte unterscheiden können zwischen Einrichtungen, denen man grundsätzlich positiv gegenübersteht, und dem Fehlverhalten einzelner Personen. Wen es interessiert: Es handelt sich um die Freilichtspiele in Tecklenburg.

Gruppendynamik

Befremdlich empfand ich auch die Diskussionen in einigen (geschlossenen) Gruppen. Aber was habe ich erwartet? Auch Facebook ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, gefüllt mit einigen Gestalten, die die Einschläge nicht mehr zu merken scheinen. Dabei ist die Tatsache, dass viele nicht in der Lage sind, sich in ihrer Muttersprache so mitzuteilen, dass andere inhaltlich folgen können, bereits die erste Hürde. Ein Beispiel: Die L87 zwischen Engter und Evinghausen ist ein kurvenreiche und enge Strecke, die von Motorradfahrern gerne als Rennstrecke missbraucht wird. Zudem geht hier ein Schulweg ohne begleitenden Fahrradweg entlang. Letzterer ist geplant. Regelmäßig geschehen auf dieser Strecke schwere Unfälle mit Motorradfahrern, die auch tödlich enden. Polizei und Stadt Bramsche haben 2015 endlich auf eine Sperrung der Strecke für Biker hingewirkt. Leider ist das Verbot im Zuge eines Klageverfahrens wieder aufgehoben worden.

Ich konnte daher nicht schweigen, als in einer geschlossenen Gruppe genau diese Strecke als beliebte Rennstrecke angepriesen wurde. Dabei hätte ich es wissen müssen: Die Diskussion endete in unsachlichen und dumpfen Kommentaren, die völlig am eigentlichen Problem vorbeigingen, und einer gegenseitigen Like-Orgie. Rudelbildung der in ihrer Freiheit eingeschränkten Biker!

Wenn Geschäftliches zum Privaten wird

Und noch ein aktuelles Beispiel für den fragwürdigen Umgang mit dem Medium Facebook: Ich kaufte online bei einem Möbelhändler ein Bücherregal für mein Arbeitszimmer. Zum Hintergrund muss man wissen, dass ich damit die bestehenden Regale ergänzen wollte, die Serie aber seit etwa 2 Monaten ausverkauft ist und ich seit langem danach suchte. Ich glaubte, der Händler hätte noch Restbestände. Dann kam die Enttäuschung: Zwar hatten wir einen gültigen Kaufvertrag, doch der Händler hatte seine Angebote offensichtlich nicht sehr sorgfältig verwaltet, denn er verweigerte die Lieferung mit der Begründung, das Regal sei nicht lieferbar. Ich solle doch lieber bei Amazon und Co. kaufen, wenn ich erwarten würde, dass die gekaufte Ware immer vorrätig sei. Das wollte ich nicht akzeptieren und bestand darauf, dass er sich nach anderen Quellen umschaut.

Ich hatte in der Zwischenzeit zwei weitere Angebote entdeckt und kaufte notgedrungen ein zweites Mal. Mich hätte es bereits stutzig machen sollen, dass ein Mitarbeiter einer Möbelfirma am späten Abend mit mir intensiv kommunizierte. Durch Zufall entdeckte ich nämlich, dass dieser auch ein sehr reges Mitteilungsbedürfnis nicht nur seiner privaten, sondern auch der beruflichen Befindlichkeiten auf Facebook pflegte. Zitat inkl. Interpunktion und Orthographie:

aaaaaaalter……..was ist an Nicht Lieferbar denn so schwer zu verstehen ….. boah……. Dr. Kaufmann …..sagt schon alles ……

Ganz abgesehen davon, dass offensichtlich mehrere Tasten auf seiner Tastatur zu klemmen scheinen, muss man sich ernsthaft fragen, was den guten Mann zur späten Stunde geritten hat, Kundendaten bei Facebook zu posten und sich dann noch darüber lustig zu machen. Hatte er zu tief ins Glas geschaut? Jedenfalls ist der Beitrag mitsamt diverser anderer unnützer Bemerkungen am nächsten Tag verschwunden, nachdem ich ihm deutlich gemacht habe, dass ich seine Ausschweifungen sehr wohl gelesen habe. Da hat er sich und seiner Firma einen Bärendienst erwiesen, würde ich behaupten. Man hat sich in der Zwischenzeit bei mir entschuldigt, weshalb der Name dieser Firma vorerst ein Geheimnis bleibt.

Auch die Zukunft wird sicherlich weiterhin solche Geschichten bereit halten. Das macht wohl auch Facebook, das Internet und das Leben im Allgemeinen aus. Du kannst dir nicht immer aussuchen, welchen fragwürdigen Mitmenschen du im Supermarkt oder auf der Straße begegnest. Alle, die den Schritt zu Facebook bisher nicht gewagt haben, möchte ich allerdings mitgeben: Lasst euch von jemandem in die Materie einführen, der davon etwas versteht (schönen Dank an Claus an dieser Stelle). Facebook beißt nicht, aber man sollte mit dieser Art Medium verantwortungsvoll umgehen, dann überwiegt der Nutzen gegenüber dem Schaden.

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