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Die Elbphilharmonie – Rundgang durch ein Hamburger Wahrzeichen

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Hamburg - Elbphilharmonie
Die Hamburger Elbphilharmonie von der Elbe aus gesehen

Ein Konzerthaus der Superlative

Zehn Jahre dauerte ihr Bau. Die Kosten explodierten, und nicht zuletzt dadurch war die Elbphilharmonie (umgangssprachlich Elphi) im Hamburger Hafen in aller Munde und eine internationale Berühmtheit, lange bevor das Konzerthaus im Januar 2017 eröffnet wurde. Einen Wochenendtrip nach Hamburg nutzten wir nun endlich, um eine der vielen angebotenen Hausführungen in Anspruch zu nehmen. Neben den regulären Rundgängen existieren noch Schwerpunktführungen in Architektur, Musik oder Orgel. Wir entschieden uns für die allgemeine Darstellung. Da meine persönlichen Interessen im Bereich der historischen Architektur liegen, waren meine Erwartungen an die Elphi nicht allzu hoch. Wie so häufig im Leben erwies sich dies als Trugschluss: Dort, wo man mit wenig rechnet, reihen sich positive Überraschungen. Entgegen meiner sonstigen Praxis möchte ich daher über zeitgenössische Baukunst berichten, die bei mir Eindruck hinterlassen hat.

Der Außenbau

Bereits die Lage der Elbphilharmonie an der Spitze des Kaiserkais, einem in die Elbe ragenden Teil des historischen Hamburger Hafenbereichs, macht die besondere Stellung des Konzerthauses als Wahrzeichen der Stadt deutlich. Jeder, der die Elbe flussaufwärts unterwegs ist, kommt gar nicht umhin, das Gebäude in seiner vollen Pracht aus Backstein und Glasfassaden wahrzunehmen. Es entstand auf der Fläche des 1875 erbauten und im Zweiten Weltkrieg zerstörten Kaispeichers A. Die Einbeziehung des Nachfolgebaus, eines Speichers der 60er-Jahre, begründet dann auch die auffällige Keilform der Elphi. Als Architekten war das Schweizer Büro Herzog & de Meuron verantwortlich.

Der Umstand, dass der backsteinerne Unterbau des Konzerthauses aus einem ehemaligen Speichergebäude besteht, war die erste Überraschung der Hausführung. Im Gebäude selbst erkennt man davon nichts, da der Altbau komplett entkernt und für die Traglast des Oberbaus gerüstet werden musste. Hier befinden sich das Parkhaus, Backstage-Räume sowie die sogenannten Kaistudios für Proben und kleinere Aufführungen. Mit der massiven, glattwandigen Backsteinfassade des Unterbaus fügt sich die Elphi trotz des futuristisch wirkenden Oberbaus in die Bebauung der unweit beginnenden Hamburger Speicherstadt ein. Im Übrigen ist aber die geschwungene Linie das tragende Motiv der Architektur der Elbphilharmonie. Das wird bereits an der markanten Dachlinie deutlich, die als Welle wahrnehmbar ist und den engen Bezug Hamburgs zum Wasser symbolisiert.

Hamburg - Kaispeicher 1967
Der Kaispeicher im Jahre 1967: er diente später als Unterbau der Elbphilharmonie – Foto: Harald Zoch

Die Plaza und die Foyers

Mit der 82 Meter langen, bogenförmig verlaufenden Rolltreppe geht es ins Innenleben des Hauses – genauer: auf 37 Meter Höhe, unmittelbar auf die Schnittebene zwischen Backsteinbau und Glasaufbau. Das Ziel ist die sogenannte Plaza, eine Platzanlage, die naturgemäß ins Außengelände gehört, hier allerdings als Herzkammer in ein Gebäude integriert wurde. Sie soll als öffentlicher Raum für alle zugänglich sein: für Konzertbesucher, Teilnehmer der öffentlichen Führung sowie Touristen, die den spektakulären Ausblick über das Hafengelände genießen wollen. Letzterer ist über einen viel genutzten Umgang möglich, die sogenannte Außenplaza. Der aus Backstein gemauerte Fußboden nimmt Bezug auf den unmittelbar darunter befindlichen Speicherbau. Auf dieser Ebene befinden sich Shop und Gastronomie, ebenso die spiralförmig aufwärts führenden Zugänge zu den beiden Konzertsälen.

Hamburg - Elbphilharmonie - Plaza
Die Plaza ist der zentrale Raum der Elphi

Während das Foyer des Kleinen Saales mit seiner Eichenholzoptik eine Brücke zum Design der 60er- oder 70er-Jahre schlägt, setzt das mehrstöckige Foyer des Großen Saales ein erstes großes Ausrufezeichen. Mit seinen Verschachtelungen und Ebenen eröffnet er dem Auge immer neue Einblicke. Wände, Treppen, Böden und Brüstungen fließen so geschickt ineinander, dass sie den Raum trotz seiner Steilheit wie aus einem Guss wirken lassen. Einzig die schräg gestellten Stützen für den Konzertsaal durchbrechen diese Harmonie notgedrungen. Sie sind statisch unverzichtbar gewesen. Für die Konzertbesucher stehen mehrere Bars zur Verfügung. Und hier werden wir unmittelbar der Glasfassade des Gebäudes aus nächster Nähe gewahr. Die Außenwände sind in unterschiedlich gewölbtem Glas aufgelöst – insgesamt 1100 Elemente. Balkonartige Austritte erlauben es, ein wenig frische Luft in den Konzertpausen zu ergattern. Die Optik der Elphi verändert sich mit dieser tollkühnen Ausführung durch die Reflexion von Sonne, Wasser und Stadtbeleuchtung ständig.

Die Konzertsäle

Der Kleine Saal mit seiner flexiblen Bestuhlung und variabler Bühnenhöhe, den wir als erstes zu sehen bekommen, wirkt mit seinen 550 Plätzen fast schon intim, wenn man die Größe des Gesamtgebäudes als Maßstab ansetzt. Den Aufbau des rechteckigen Raumes kann man als klassische Schuhschachtel bezeichnen. Wir erfahren, dass er ebenso wie der Große Saal doppelwandig ausgeführt und akustisch von der Außenwelt entkoppelt ist, um keinerlei Störgeräusche, die im Hafengebiet sicher nicht selten sind, ins Innere dringen zu lassen – und umgekehrt. Wirklich beeindruckend sind die Eichenholzwände, die eine Struktur aufweisen, die an Meereswellen angelehnt ist oder mit etwas Fantasie an eine Miniaturwüstenlandschaft erinnert. Alles für eine makellose Akustik! Man kommt nicht umhin, mit der Hand drüberstreichen zu wollen.

Hamburg - Elbphilharmonie - Kleiner Saal
Der Kleine Saal der Elphi als klassischer Schuhschachtelraum mit flach ansteigenden Tribünen

Der ultimative Wow-Effekt erfolgt aber nach mehreren Treppenaufstiegen beim Betreten des Großen Saales, der mit 2100 Plätzen aufwartet. Er ist nach dem Weinberg-Prinzip erbaut, bei dem die Besucherränge terrassenförmig um die gesamte Bühne aufsteigen. Kein Sitzplatz ist mehr als 30 Meter vom Geschehen entfernt. Die wabenförmige Wandkonstruktion ist hier aus Gipsfaserbeton gefertigt und prägt das Hörerlebnis entscheidend. Der Akustik-Designer Yasuhisa Toyota hat hier ein wahres Meisterwerk geschaffen. Der Japaner arbeitete mit einem begehbaren Modell des Saales, bei dem er selbst die Luftfeuchtigkeit und den Sauerstoffgehalt bei besetzten Besucherrängen in seine Planungen einbezog. Nichts wurde bei der Ausführung des Raumes dem Zufall überlassen.

Hamburg - Elbphilharmonie - Großer Saal
Der Große Saal der Elphi mit 2100 Plätzen

Nicht zuletzt ist eine Orgel in die Wand des Saales eingelassen. Sie verfügt über 69 Register und fast 5000 Pfeifen. Das Instrument schwebt nicht entrückt über den Köpfen des Publikums, sondern ist ein Objekt zum Anfassen – unmittelbar von den Zuschauerrängen erreichbar. Überhaupt scheint man bei der Elphi viel Wert auf Publikumsnähe zu legen. Dazu tragen die Hausführungen, aber auch der offene Charakter der Plaza bei. Hinzu kommt, dass im Gebäude neben dem Konzerthaus ein Hotel und Eigentumswohnungen untergebracht sind. Dass diese selbst für Gutverdiener unerschwinglich sind, ist in einem solchen Umfeld nicht verwunderlich. Unserer Begeisterung für Hamburgs Elbphilharmonie hat dies keinen Abbruch getan. Und in einigen Jahren dürfen wir uns mit einem neuen Opernhaus – so die Pläne – auf ein weiteres stadtbildprägendes Gebäude am Hamburger Hafen freuen.

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