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Besuch im Museumsdorf Cloppenburg

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Museumsdorf Cloppenburg - Münchhausenscheune
Münchhausenscheune – ehemaliger Eingang zum Museumsdorf

Landleben in Niedersachsen

Cloppenburg liegt zwischen Oldenburg und Osnabrück in einer von Touristen wenig beachteten Gegend. Gleiches ließe sich über die Kleinstadt selbst sagen, wenn da nicht eines der ältesten Freilichtmuseen Deutschlands wäre: das Museumsdorf Cloppenburg. Es zeigt einen Überblick über die dörfliche Wohnkultur Niedersachsens seit dem 16. Jahrhundert.

Der Zuweg zum Museum gestaltet sich zunächst unspektakulär. Der Eingangs- und Kassenbereich ist jüngst verlegt worden. Um ihn herum entsteht ein Areal mit dem Schwerpunkt des dörflichen Lebens des späten 20. Jahrhunderts. Eine Disco mit dem typischen Charme der 70er und 80er Jahre entsteht. Weitere Ideen wie Tankstelle, Tante-Emma-Laden oder Friseur zeichnen sich bereits ab.

Den Kernbereich des Museums erreicht man aber erst, nachdem man auf einer Brücke das Flüsschen Soeste und eine Straße überquert hat. Der erhöhte Standpunkt gestattet ungewohnte Einblicke in die niedersächsische Gehöftlandschaft des Museumsdorfes. Trutzig begrüßt uns gleich zu Beginn die Münchhausenscheune aus dem Jahre 1561. Seit der Verlegung des Museumseinganges dient sie noch als Ausstellungsgebäude und Magazin. Dahinter startet der Rundgang durch das Gelände mit insgesamt 31 Stationen.

Die Hofanlagen

Mehrere Hofanlagen beherrschen das weitläufige Areal. Die größten sind die Höfe Wehlburg, Quatmann und Haake. Insbesondere die stattliche Hofanlage Wehlburg lud uns zu längerem Verweilen ein. Man schreitet durch die Torscheune, die dann den Blick freigibt auf die filigrane, mehrfach vorkragende Giebelfassade des Haupthauses. Der Platz, auf dem man schließlich hinaustritt wird von Scheunen, Remise und Haupthaus zu einer Vierflügelanlage geformt.

Museumsdorf Cloppenburg - Hof Wehlburg
Das Haupthaus des Hofes Wehlburg

Im Innern des mächtigen Haupthauses bot sich uns das übliche Bild einer bäuerlichen Behausung der frühen Neuzeit in einem niederdeutschen Hallenhaus, wie man es in Cloppenburg auch an den anderen Höfen studieren kann. Durch das Tor betritt man die langgestreckte Diele, flankiert von Stallungen. Am Kopfende befindet sich das Flett mit der überlebenswichtigen Feuer- und Herdstelle, dahinter entsprechend rußgeschwärzte Wände. Türen führen seitlich in den Wohntrakt, der je nach sozialer und finanzieller Stellung des Bauern opulenter oder karger und beengter ausfallen kann.

Die Mühlen und andere Kleinode

Echte Hingucker sind stets die Mühlen. Das ist auch in Cloppenburg nicht anders. Auf dem Gelände befinden sich gleich drei Windmühlen von verschiedenartigem Typus: eine Bockwindmühle, eine Kappenwindmühle und eine Kokerwindmühle. Besonders schmunzeln mussten wir über eine kleine Anekdote über die 1638 errichtete Bockwindmühle aus Essern. Deren Flügel wurden im 18. Jahrhundert gestutzt, damit sie nicht die an der Mühle weidenden Schafe totschlagen. Offensichtlich ist das wirklich vorgekommen.

Museumsdorf Cloppenburg - Bockwindmühle
Bockwindmühle des 17. Jahrhunderts

Zwei weitere Kleinode heben es mir besonders angetan: Natürlich ist die Dorfkirche darunter, die sich als kleiner Fachwerkbau aus Klein Escherde aus dem Jahre 1699 präsentiert. Und da ist noch ein unscheinbares Gebäude, das sich ganz am Rand des Museumsgeländes fast versteckt: ein Kornspeicher aus dem späten 15. Jahrhundert, der komplett von Lehm ummantelt ist. So einem Objekt begegnet man in „freier Wildbahn“ äußerst selten.

Typische Hausformen Niedersachsens

Das Gros der rund 50 Gebäude im Museumsdorf machen allerdings Werkstätten, Ställe, Scheunen und Heuerhäuser aus. Heuerlinge waren vom 17. bis zum 20. Jahrhundert ein wichtiger Bestandteil der Agrarwirtschaft in Nordwestdeutschland und Westfalen. Im Gegensatz zum Hufner (auch: Vollbauer) besaßen sie keinen eigenen Boden, sondern mussten das Ackerland beim Bauern pachten.

Museumsdorf Cloppenburg - Heuerhaus und Kappenwindmühle
Heuerhaus und Kappenwindmühle

Einen anderen Schwerpunkt des Museumsdorfes stellen die ostfriesischen Gulfhäuser dar. Damit ist eine Bauform gemeint, die sich von dem niederdeutschen Hallenhaus dadurch unterscheidet, dass der Wohntrakt sich in einem Vorderhaus befindet und die Dächer auf den Abseiten der Stallungen weiter heruntergezogen sind. Der Stalltrakt ragt dadurch aus der Flucht des Wohntraktes. In der Regel sind Gulfhäuser aus Backstein errichtet, was sie zusätzlich von den in der Mehrzahl aus Fachwerk errichteten Hallenhäusern absetzt.

Die kleinen Extras

Was das Museumsdorf Cloppenburg zusätzlich auszeichnet, ist die gemütliche Atmosphäre mit einem Dorfteich und dem Dorfkrug in der Mitte des Areals. In letzteren kann der Besucher einkehren. Das Museum ist auch für Familien mit Kindern gut als Tagesausflug geeignet: Nie fühlt man sich getrieben, weil eine zu große Anzahl von Objekten zur Eile antreiben würde. Mehrere kleine Ausstellungen lockern die Eindrücke auf und vertiefen das Verständnis des ländlichen Lebens der letzten Jahrhunderte in Nordwestdeutschland. Natürlich fehlt auch nicht die Möglichkeit, frisches Brot in einer Bäckerei oder in der Töpferei Tonwahren aller Art zu erwerben und beim Handwerk zuzuschauen.

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