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Das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Oldenburg

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Oldenburg - Schloss
Das Oldenburger Schloss beherbergt das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte

Von der höfischen Sammlung zum Landesmuseum

Das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg hat seine Wurzeln in den bunt zusammengewürfelten Sammlungen der Oldenburger Grafen, wie sie als „Kunst- und Wunderkammern“ in der frühen Neuzeit an zahlreichen europäischen Höfen zum Zeitvertreib und zum Vergnügen entstanden. Erst durch den patriotischen Gedanken einer nationalen Identität nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon sind solche Sammlungen dem bürgerlichen Publikum geöffnet worden.

In Oldenburg entstand 1838 die öffentlich zugängliche „Großherzogliche Sammlung vaterländischer Altertümer“. Darin wurden einige private Sammlungen und zahlreiche von der großherzoglichen Familie gestiftete Objekte zusammengeführt. Zwischen 1899 und 1915 existierte ein erstes Museum, das als Kunstgewerbemuseum rund 2300 Objekte der herzoglichen Sammlungen übernahm. Diese sind schließlich in das 1921 gegründete und 1923 eröffnete Museum für Kunst und Kulturgeschichte übergegangen.

Drei Häuser – ein Museum

Das Museum besteht heute insgesamt aus drei Häusern, die räumlich eng verbunden und alle zum historischen Schlossumfeld zu zählen sind. Die Landes- und Kulturgeschichte des Oldenburger Landes präsentiert sich im Residenzschloss auf mehreren Ebenen. Das 1867 im Neorenaissancestil fertiggestellte Augusteum ist von Beginn an als Museumsbau für die großherzogliche Sanmmlung konzipiert worden und stellt damit eines der ersten Museumsgebäude im norddeutschen Raum dar. Es beherbergt heute die Galerie „Alte Meister“. Seit 2003 wird dem interessierten Publikum zudem die Galerie der „Neuen Meister“ im ehemaligen Prinzenpalais gezeigt.

Das großherzogliche Schloss selbst wird mit seiner Baugeschichte im ersten Obergeschoss der Dauerausstellung vorgestellt. Eine Burg des 12. Jahrhunderts wurde zwischen 1607 und 1615 von Graf Anton Günther zum Renaissance-Schloss ausgebaut. Im 18. Jahrhundert folgten zahlreiche Anbauten, wobei die geschlossene Ansicht, so wie sie sich dem Betrachter heute von der Stadtseite zeigt, erst durch den 1894 bis 1898 errichteten Theaterflügel erzielt wurde. Er kopiert die Formensprache des älteren Renaissanceflügels bis ins Detail.

Die Dauerausstellungen im Residenzschloss

Die Dauerausstellung im Oldenburger Schloss erstreckt sich über drei Ebenen mit abwechslungsreichen Schwerpunkten. Das Untergeschoss ist dabei der Kultur- und Landesgeschichte der Grafschaft Oldenburg bis ins 18. Jahrhundert vorbehalten. Im ersten Obergeschoss präsentieren sich einige historische Räume, deren größter und prächtigster der Schlosssaal in Neorenaissanceformen aus dem späten 19. Jahrhundert ist. Darüber hinaus findet sich hier eine Ausstellung zu Kunstgewerbe und Design, die 2018 neu eröffnet wurde. Das zweite Obergeschoss setzt die Kultur- und Landesgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert fort.

Kultur- und Landesgeschichte bis ins 18. Jahrhundert

Die Besucher werden anhand von Exponaten und informativ illustrierten Texttafeln chronologisch von der Christianisierung des Landes bis in die Zeit der Aufklärung geleitet. Im Mittelpunkt des Rundgangs stehen die Entstehung der Grafschaft Oldenburg, Frömmigkeit, Reformation, Handel und höfische Kultur.

Die Grafschaft Oldenburg entstand im 12. Jahrhundert durch die Verdichtung von zunächst verstreuten Herrschaftsbereichen. Ihr Mittelpunkt war die Oldenburg an der Hunte. Sie wurde unter Graf Egilmar I. im Jahre 1108 erstmals als „Aldenburg“ genannt. Der Landesausbau erfolgte durch gräfliche Stiftungen der Klöster in Rastede, Hude und Blankenburg.

Dem letzten Oldenburger Grafen Anton Günther, der 1167 nach 63 Jahren Regentschaft starb, widmet das Museum einen eigenen Raum. Da dieser ohne Erben blieb, ist mit ihm nicht nur die Blütezeit der Grafschaft, sondern auch das Ende der Oldenburger Linie verbunden. Die Ländereien wurden aufgeteilt und fielen größtenteils an die nächsten Verwandten aus dem dänischen Königshaus.

Die Klöster in Rastede und Hude besaßen im Mittelalter als Grablege der Oldenburger Grafen eine überregionale Bedeutung. Das reformatorische Gedankengut breitete sich in den 1520er Jahren in der Grafschaft aus. Graf Anton I. nutzte die evangelische Lehre zum Ausbau des landesherrlichen Regiments aus. Kirchenschätze und das Klostergut wurden in die gräfliche Schatzkammer einverleibt. Unter Graf Anton II. erhielten zahlreiche Kirchen des Oldenburger Landes (unter anderem die Vareler Schlosskirche) eine neue Innenausstattung, bei der sich der Bildhauer Ludwig Münstermann hervortat.

Kunstgewerbe und Design

Die Kunstgewerbesammlung des Landesmuseums umfasst etwa 7000 Objekte aus rund 2000 Jahren Zeitspanne. Sie geht auf die Großherzogliche Alterthümersammlung und dem ehemaligen Kunstgewerbemuseum, das von 1886 bis 1915 existierte, zurück. Entsprechend vielfältig präsentiert sich der Ausstellungsbereich zu Kunstgewerbe und Design im Oldenburger Land.

Im Mittelalter ist das Kunstschaffen und das Handwerk vor allem von kirchlichen Zwecken und religiöser Verehrung bestimmt: Skulpturen, Holztafeln, Buchmalerei, Glasmalerei, Goldschmiede- und Bronzearbeiten, Elfenbeinschnitzereien. Die Blüte der Buchmalerei endete mit der Erfindung des Buchdrucks um 1500. Auch Alltagsgegenstände konnten bei Aufträgen vom reichen Bürgertum oder Adel mit ästhetischen Ansprüchen geschaffen werden.

In der Neuzeit führte der anwachsende Reichtum von Bürgertum und Fürsten zur vermehrten Nachfrage an Gebrauchs- und Luxusgegenständen. Vor allem am Mobiliar zeigt sich die neue Ornamentfülle der Renaissance, des Barocks und des Rokokos. Im 18. Jahrhundert gründeten sich in Deutschland bedeutende Porzellanmanufakturen, deren Produkte in der Esskultur Einzug hielten. Der durchweg gelungene Rundgang führt weiter über die Einrichtungen des Empire-Stils und des Biedermeier über den Jugendstil, den Art déco und das Bauhaus-Design zum Design der Nachkriegszeit.

Kultur- und Landesgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert

Den historischen Rahmen dieser Fortführung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Landesgeschichte bildete die Erhebung der Grafschaft Oldenburg zum Herzogtum im Jahre 1774 und schließlich zum Großherzogtum im Jahre 1815 auf dem Wiener Kongress. Letzterer ordnete die Landkarte Europas nach der Niederlage Napoleons neu. Oldenburg gehörte zu den Nutznießern dieser Neugliederung. Bereits 1803 gingen die Ämter Wildeshausen, Cloppenburg und Vechta als sogenanntes Oldenburger Münsterland an das Herzogtum. Im Zuge der Deutschen Revolution stieg Oldenburg sogar für wenige Jahre zu einer Monarchie auf (1849-1852).

Die Schwerpunkte der Ausstellungsabteilung für das 19. Jahrhundert sind vielfältig: Landwirtschaft, Handwerk, Handel, Industrialisierung, Mode, Verkehr, Reisen. Industriezentren bildeten sich in Delmenhorst und Nordenham heraus. Aufgrund der Nähe und Nachbarschaft zur Nordsee spielte die Schifffahrt eine besondere Rolle für das Großherzogtum. Die Residenzstadt Oldenburg war über Hunte und Weser an den Seehandel angebunden. Wichtiger Nordseehafen wurden Brake und Nordenham. Die ersten Eisenbahnstrecken im Großherzogtum wurden erst 1867 in Betrieb genommen.

Oldenburg - Landesmuseum - Rokoko-Kutsche
Rokoko-Kutsche aus den 1760er Jahren vom Gut Füchtel bei Vechta

Das 20. Jahrhundert ist geprägt von den Geschehnissen der beiden Weltkriege und den Anfängen einer demokratischen Staatsordnung während der Weimarer Republik. Damit verbunden ist der Aufstieg Wilhelmshavens als Hafen- und Werftort der Kriegsmarine. Die Ausstellung endet chronologisch mit den 1960er Jahren.

Meine persönlichen Höhepunkte der Exponate im zweiten Obergeschoss bildeten:

  • Rokoko-Kutsche aus Südoldenburg: Freiherr Caspar Franz von Elmendorff erwarb die Kutsche wahrscheinlich in den 1760er Jahren. Es handelt sich um ein zweisitziges Coupé und ist konstruktiv als sogenannte „Berline“ anzusprechen.
  • Kaufmannsladen der Familie Hemken aus Bockhorn: Melchior Hemken baute 1773 in Bockhorn ein Wohn- und Geschäftshaus, in das ein Kaufmannsladen integriert wurde. Die Läden des Ladens sind mit reichen Rokokoornamenten versehen. Regal und Theke besitzen 150 Schubfächer und zeugen vom reichhaltigen Warenangebot.

Die Gemäldegalerien

Alte Meister im Augusteum

Das Augusteum beherbergt die Galerie Alte Meister mit einer kleinen aber feinen Sammlung italienischer, niederländischer, französischer und deutscher Malerei vom 15. bis zum 18. Jahrhundert, die sich in mehreren Räumen im Untergeschoss präsentiert. Das Obergeschoss ist Sonderausstellungen vorbehalten.

Mittelalter und Renaissance

Der Rundgang beginnt mit der sakralen Kunst des Mittelalters, die sich vor allem in farbenprächtiger Tafelmalerei offenbart. In der Kunst der Renaissance seit dem beginnenden 16. Jahrhundert spielten kirchliche Auftraggeber und religiöse Motive nach wie vor eine große Rolle. Der Blick richtete sich nun vor allem nach Italien, in der die Wiederentdeckung der Antike fast einhundert Jahre zuvor eingesetzt hatte. In der Spätphase der Renaissance, dem Manierismus, schufen Künstler wie der flämische Maler Bartholomäus Spranger Gemälde mit den typisch überzeichneten Körperstudien.

Barock

Einen großen Rahmen in der Sammlung Alte Meister nimmt vor allem die niederländische Malerei mit den dominierenden Bildmotiven wie Landschaftsmalerei, Stillleben, Genremalerei und Portraits ein. Vertreten sind Landschaftsmaler wie Jan Wynants, Aert van der Neer oder Barent Avercamp. Unter den Stillleben stechen die Werke von Willem Claesz. Heda heraus.

Neben der barocken Malerei der Niederlande finden sich in Oldenburg zahlreiche Beispiele flämischer, italienischer und deutscher Malerei mit den für diese Zeit üblichen üppigen oder dramatischen Körperdarstellungen und starken Licht-Schatten-Kontrasten. Wir bewegen uns nun in der Chronologie im 17. und frühen 18. Jahrhundert.

Erwähnenswert sind hier das großformatige ehemalige Altarbild von Jacob Jordaens mit den Wundern des heiligen Dominikus sowie die Darstellung Pietro da Cortonas von der Begegnung des Auferstandenen mit Maria Magdalena. Abschließend in der Galerie Alter Meister ist die Kunst des Rokokos um die Mitte des 18. Jahrhunderts mit Christian Wilhelm Ernst Dietrich prominent besetzt.

Sonderausstellung

Herzog Peter Friedrich Ludwig erwarb 1804 die Gemäldesammlung des Malers Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, in der sich zahlreiche Werke aus der Zeit des „Goldenen Zeitalters“ in den Niederlanden befanden. Der Künstler studierte ausgiebig die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts und ließ sie in sein eigenes Oeuvre einfließen. Diesem Verhältnis widmet sich derzeit eine Sonderausstellung: Vortreffliche Niederländer! – Der Oldenburger Hofmaler Tischbein und die niederländische Kunst.

Neue Meister im Prinzenpalais

Das Prinzenpalais setzt die Galerie des Augusteums chronologisch fort und präsentiert Malerei des 19. und 20 Jahrhunderts. Im Mittelpunkt der Sammlung stehen vor allem deutsche Künstler. Thematische Schwerpunkte bilden die Landschaftsmalerei der Romantik, der deutsche Impressionismus und Expressionismus, die Künstlerkolonien in Worpswede und der „Brücke“ in Dangast.

Das 19. Jahrhundert: von der Romantik bis zur Künstlerkolonie Worpswede

Von den deutschen Landschaftsmalern des 19. Jahrhunderts finden sich Werke von Anselm Feuerbach, Carl Blechen oder Carl Rottmann in der Sammlung. Die Malerei des Historismus hatte vor allem nach der Reichsgründung 1871 Konjunktur und machte Maler wie Ferdinand Keller zu begehrten Künstlern.

Die bedeutendste norddeutsche Künstlerkolonie Worpswede ist mit Namen wie Fritz Mackensen, Heinrich Vogeler, Fritz Overbeck, Otto Modersohn, Carl Vinnen, Hans am Ende oder Paula Modersohn-Becker verbunden, die sich alle ab 1889 in dem Moordorf nördlich von Bremen niederließen. In der Galerie Neue Meister des Landesmuseums sind heute Werke aller Gründungsmitglieder der Worpsweder Künstlerkolonie vertreten. Ein eigener Raum ist dem regional bedeutenden Maler Georg Bernhard Müller vom Siel aus Nordenham gewidmet.

Impressionismus und Expressionismus

Max Liebermann, Lovis Corinth und Max Slevogt – alle mit Werken in der Galerie Neuer Meister vertreten – gehören zu den bedeutendsten Vertretern des deutschen Impressionismus, der sich aus der 1898 gegründeten Berliner Sezession als Gegenbewegung zum akademischen Kunstbetrieb entwickelte. Mitglieder der Künstlervereinigung „Brücke“ wie Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Max Pechstein und Emma Ritter zog es seit 1907 in das Fischerdorf und Nordseebad Dangast am Jadebusen. Ihre Werke sind in der Galerie ebenso zu sehen wie die weiterer deutscher Expressionisten: Ernst Ludwig Kirchner, Christian Rohlfs, Emil Nolde oder August Macke.

Von den Sammlungsbeständen des 20. Jahrhunderts sind vor allem die Bilder des Dangaster Malers Franz Radziwill hervorzuheben. Das Landesmuseum beherbergt mit über 100 Werken die bedeutendste öffentliche Radziwill-Sammlung in Deutschland. Ihm widmet sich entsprechend ein eigener Ausstellungsraum im Prinzenpalais.

Gesamteindruck

Durch die klare Struktur und die Aufteilung auf drei Häuser mit eigenständigem Schwerpunkt verlor ich trotz der umfangreichen Dauerausstellungen niemals den Überblick. Einzig die Aufteilung der Landes- und Kulturgeschichte auf das Untergeschoss und das zweite Obergeschoss mit der dazwischen geschalteten Kunstgewerbeausstellung im ersten Obergeschoss erschien mir nicht nachvollziehbar. Vielleicht ist diese Unwucht aber den zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten geschuldet.

Zwar können die Ausstellungen nicht mit digitalen Medien punkten, mit Hilfe derer Interessierte bestimmte Aspekte individuell vertiefen könnten, doch überzeugen die zahlreichen Tafeln mit informativen Texten und anschaulichen Illustrationen. Das gilt insbesondere für die Ausstellungsbereiche im Schloss. Dadurch ist auch ein gutes Gleichgewicht zwischen Exponaten und weiterführenden Informationen zu ihren Kontexten hergestellt. Das Angebot des Landesmuseums wird vorbildlich ergänzt durch eine virtuelle Ausstellung und die Präsenz in zahlreichen Online-Sammlungen.

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