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Besuch im Westfälischen Freilichtmuseum Detmold

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Freilichtmuseum Detmold - Paderborner Dorf - Detail am Haus Stahl

Überblick und Struktur

Das LWL-Freilichtmuseum in Detmold rühmt sich das größte seiner Art in Deutschland zu sein. Lassen wir die Verifizierung dieses Umstandes vielleicht außen vor, zumal zu fragen wäre, ob diese Einschätzung auf die Fläche (90 ha) oder die Anzahl der errichteten Gebäude (120 Häuser) abzielt. Unbestritten ist, dass das Gelände zu den schönsten und umfangreichsten Freilichtmuseen zu zählen ist. Es konzentriert sich auf die klassischen Themen und Zeiträume – die Darstellung ländlichen Lebens und der bäuerlichen Kultur in der Neuzeit vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Berücksichtigt werden dabei die unterschiedlichen historischen Landschaften Westfalens.

Freilichtmuseum Detmold - Kotten aus dem Tecklenburger Land
Kotten aus dem Tecklenburger Land

Diese Einteilung spiegelt sich auch in der Struktur des Museumsgeländes wider. Jede Region wird durch einen eigenen Komplex dargestellt, der als Hof, Weiler oder Dorf errichtet ist. Im Einzelnen handelt es sich dabei um:

  • Osnabrücker Hof
  • Mindener Hof
  • Münsterländer Gräftenhof
  • Westmünsterländer Hof
  • Westhellweghof
  • Lippischer Meierhof
  • Paderborner Dorf
  • Sauerländer Dorf
  • Siegerländer Weiler

Auf diese Weise ist es auch weniger mobilen Besuchern möglich, Routen zusammenzustellen, die an den interessantesten Höfen und Dörfern vorbeiführen. Ich möchte bereits an dieser Stelle eine Empfehlung abgeben: Der Münsterländer Gräftenhof, das Paderborner Dorf und das Sauerländer Dorf sollten auf jeden Fall aufgesucht werden. Ebenfalls eindrucksvoll präsentieren sich der Mindener Hof, der Osnabrücker Hof sowie der Lippische Meierhof.

Hallenhäuser und Mühlen

In Westfalen ist das niederdeutsche Hallenhaus heimisch, das sich als die prägende Hausform in ganz Norddeutschland verbreitete. Entsprechend häufig trifft man auf diese Bauweise auch im Detmolder Freilichtmuseum. Es zeichnet sich durch ein großes Tor in der Giebelfront aus, durch das man in die weiträumige Diele gelangt. Die Abseiten werden meist als Stallungen genutzt. Den Abschluss der Diele bildet das Flett mit der Herdstelle. Im hinteren Drittel des Hauses schließen sich die Wohnräume an, je nach Wohlstand der Bewohner als einfache Kammern oder großzügige Zimmer mit reichem Inventar.

Freilichtmuseum Detmold - Osnabrücker Hof - Diele im Haupthaus
Diele im Haupthaus des Osnabrücker Hofes – im Hintergrund das Flett mit Herdstelle

Nicht fehlen dürfen in einem Freilichtmuseum vor allem die Mühlen. In Detmold finden sich gleich drei davon: eine Wassermühle (erbaut 1841) direkt am Eingang des Museums sowie eine Kappenwindmühle (erbaut 1789 in Tonnenheide) und eine Bockwindmühle (erbaut 1812 in Groß Lobke) im weiteren Umfeld des Paderbornes Dorfes. Letztere stellt die ältere Konstruktionsweise dar und wird von der Kappenwindmühle, die sich flexibler der Windrichtung anpassen lässt, in vielen Regionen verdrängt.

Rundgang

Osnabrücker Hof

Unsere ersten Schritte führen uns bergauf, vorbei an der Wassermühle und einem Mausoleum als Zeugnis privater adeliger Bestattungskultur am Übergang vom Spätbarock zum Frühklassizismus. Mit dem Osnabrücker Hof erreichen wir die erste geschlossene Baugruppe des Freilichtmuseums. Da das Forstbistum Osnabrück jahrhundertelang zu Westfalen gehörte, wird seine bäuerliche Kultur auch in Detmold präsentiert.

Vorherrschend im Land zwischen Wiehengebirge und nördlichem Teutoburger Wald waren Streusiedlungen aus Weilern, Einzelhöfen und Kotten. Entsprechend wird hier das Haupthaus des Hofes Große Endebrock aus Kalkriese am Nordhang des Wiehengebirges gezeigt. Es ist 1609 erbaut und um 1790 um einen Wohntrakt erweitert worden. Von den Nebengebäuden wie Scheune, Schweineschuppen, Backspeicher oder Schafstall stammt nur letztere aus Kalkriese, die anderen aus der näheren Umgebung. An den Hof grenzt ein bemerkenswert großer Garten an, wie er für das Artland im Norden des Osnabrücker Landes typisch war.

Wir gelangen schließlich zu einer Töpferei, die von einem regionalen Töpferzentrum im Kirchspiel Hagen am Teutoburger Wald zeugt. Das Handwerk wird im Museum wieder betrieben und den Besuchern präsentiert. Weiter führt der Weg vorbei an einem Doppelheuerhaus aus dem Osnabrücker Land und einem Kotten aus dem Tecklenburger Land. Kötter und Heuerlinge standen in der sozialen Hierarchie unter den Vollbauern. Entsprechend bescheidener fielen ihre Wohnbauten aus.

Mindener Hof

Wir gelangen schließlich zum nahegelegenen Mindener Hof. Das um 1673 erbaute Haupthaus mit Walmdach und den typischen gekreuzten Pferdeköpfen sowie die Scheune stammen allerdings aus Kleinenheerse in der nördlich anschließenden Grafschaft Hoya, die mit dem Fürstbistum Minden einen gemeinsamen Kulturraum an der mittleren Weser bildete.

Freilichtmuseum Detmold - Mindener Hof - Haupthaus
Haupthaus des Mindener Hofes

Das Schweinehaus ist mit einer dendrochronologischen Datierung von 1585d eines der ältesten Gebäude im Museum. Optisch bemerkenswert präsentiert sich der benachbarte Speicher von 1712 mit seinen geschweiften Kopfbändern. Zum Hof gehören ferner ein Holzschuppen, ein Backhaus und eine Brandscheune. Letztere wurde abseits des Hofes errichtet, um im Brandfall zumindest einen Teil der Getreide- und Futtervorräte retten zu können.

Münsterländer Gräftenhof

Von Wassergräben umgeben

Mit dem auf einer Insel liegenden Münsterländer Gräftenhof ist zweifelsfrei einer der Höhepunkte des Museumsareals erreicht. Derartige Anlagen mit umgebendem Wassergraben sind im Münsterland häufig anzutreffen. Bei dem Haupthaus von gewaltigen Dimensionen (42 Meter) handelt es sich um das Bauernhaus des Schulten Bisping aus Alst bei Albersloh (Kreis Warendorf) aus dem Jahre 1787. Die soziale Stellung des Schulten ist zudem anhand des sandsteinverkleideten Kamins und der repräsentativen Wohnräume abzulesen. Auch ist hier bereits der Wohnraum von den Stallungen abgetrennt.

Freilichtmuseum Detmold - Münsterländer Gräftenhof
Münsterländer Gräftenhof mit Haupthaus, Backhaus und Speicher

Flankiert wird das Haupthaus vom Holzschuppen, einem Backhaus und dem Neuen Speicher. Sie alle stammen vom Hof Meier Osthoff in Beller. Das Speichergebäude von 1711 demonstriert mit seiner Gestaltung die Wertschätzung, die dem Lagergut entgegengebracht wurde. Der Giebel kragt zweifach vor und die Eingangstür wirkt mit ihrer barocken Ornamentfülle geradezu herrschaftlich. Darüber hinaus existiert noch ein weiterer Speicherbau, der vom Hof Schulte Brüning in Wieningen stammt. Mit einer dendrochronologischen Datierung auf 1561d ist er zu den ältesten Bauten auf dem Museumsgelände zu zählen. Der Speicher steht auf einer eigenen Gräfteninsel und ist ausschließlich über einen schmalen Steg zu erreichen.

Torhaus mit Schießscharten

Besonders malerisch präsentiert sich das Torhaus der Anlage von 1767. Es stammt vom Hof Haus Uhlenkotten in Nienberge und weist in den unteren Gefachen sandsteingefertigte Schießscharten auf. Diese dienten jedoch niemals zur Verteidigung, sondern tragen symbolhaften Charakter. Eine großzügige Gartenanlage aus der Zeit um 1800 steht auf einer weiteren Gräfteninsel, die über eine Zugbrücke erreichbar ist.

Der weitere Weg führt uns vorbei an einem Armenhaus aus dem frühen 19. Jahrhundert, das an Stelle eines älteren Gebäudes errichtet wurde. Anschaulich wird im Innern das Leben von jeweils vier Frauen in kargen Verhältnissen vermittelt. Das aus dem Kirchdorf Rinkerode stammende Armenhaus geht wie vielfach im Münsterland auf eine adlige Stiftung zurück. Die Familie von Kerckerinck stiftete es bereits 1628.

Freilichtmuseum Detmold - Münsterländer Gräftenhof - Garten
Gartenanlage des Münsterländer Gräftenhofes

Westmünsterländer Hof

Im westlichen Münsterland sind die Böden sandig und wenig ertragreich, so dass hier die Weidewirtschaft dominierte. Der Westmünsterländer Hof ist so ein typischer Weidewirtschaftshof. Das Haupthaus von 1790 stammt vom Hof Resing in Rhedebrügge. Das im übrigen Westfalen mit kräftigen Stützen konstruierte Fachwerk weicht hier einem weitmaschigen Gerüst, das mit langen Ankerbalken verbunden wird.

Um das Bauernhaus gruppieren sich Scheune, Schuppen, Backhaus, Haferkasten und Kornspeicher. Letztere Gebäude stehen auf pyramidenförmigen Steinpfeilern, den Mäusepfeilern, die die Ernte vor Mäusebefall schützten. Auffällig ist ein kleiner turmartiger Lehmspeicher, der dendrochronologisch ins Jahr 1454d datiert werden kann und somit zu den wenigen mittelalterlichen Bauten im Museum gehört.

Westhellweghof

Mit dem Westhellweghof erreichen wir den westfälischen Teil des Ruhrgebiets zwischen den Flüssen Ruhr und Lippe. Der Hellweg führte im Mittelalter als einer der wichtigsten Fernhandelswege Europas durch diesen Landstrich. Das Ensemble des Hofes besteht aus dem Haupthaus vom Hof Hidding (erbaut 1793) aus Brackel, einer bemerkenswerten Torscheune (erbaut 1704) vom Hof Neuhoff aus Eichlinghofen und kleineren Nebengebäuden.

Lippischer Meierhof

Das Land Lippe liegt im Osten Westfalens und besteht aus einer Berg- und Hügellandschaft zwischen Weser und Teutoburger Wald. Neben den lockeren Weilern existieren vor allem im Süden des Landes geschlossene Dörfer.

Freilichtmuseum Detmold - Lippischer Meierhof
Lippischer Meierhof

Der Lippische Meierhof ist in einer Talsenke gelegen und schon von weitem mit seinen strahlend weißen Gefachen sichtbar. Das Haupthaus vom Hof Meier Berthold in Wittigenhöfen bei Leese ist bereits 1570 erbaut und im frühen 18. Jahrhundert erweitert worden, wodurch es erheblich an Größe gewann. Der verbretterte Giebel und die Dachbedeckung aus Stroh bzw. Reet entspricht dem traditionellen Erscheinungsbild lippischer Bauernhäuser. Der Zweiständerbau mit Kopfbändern an den Hauptständern ist für den Fachwerkbau des 16. Jahrhunderts typisch.

Ähnlich gestaltet sind Speicher und Scheune, die ebenfalls noch aus dem 16. Jahrhundert stammen. Der Speicher von 1575 ist vom Hof Krüger in Brosen versetzt worden und beeindruckt durch seine profilierten Knaggen. Die große Scheune vom Hof Meier zu Bexten in Wülfer-Bexten ist im Winter auch als Stall genutzt worden. Ferner finden sich auf dem Hof ein Backhaus, ein Stallspeicher und ein Leibzuchthaus, das als Altenteil für die Altbauern diente und in Lippe weit verbreitet war.

Paderborner Dorf

Haufendorf im Paderborner Land

Der Weg zum Paderborner Dorf führt vorbei an Weiden, Wiesen, Feldern und Windmühlen. Auf den Weiden stehen unterschiedliche Rinderrassen, Pferde und Schafe. Hier wird die weite Landschaft Westfalens greifbar. Durch das Gelände führt der Alte Postweg, der Paderborn mit Detmold verband. Der Feldweg war eine der ältesten Poststraßen in Lippe. An der Kappenwindmühle begrüßen uns Esel und weisen uns den Weg weiter Richtung Dorf.

Mit rund 40 Gebäuden ist das Paderborner Dorf die größte zusammenhängende Bebauung auf dem Areal und könnte allein für sich bereits ein ganzes Freilichtmuseum füllen. Es zeigt beispielhaft die Alltags- und Lebenswelt eines großen Dorfes im östlichen Westfalen um 1900. Derartige Haufendörfer sind im Paderborner Land häufig anzutreffen. Die enge Bebauung besteht überwiegend aus giebelständigen Fachwerkhäusern, die aus der Zeit vom 16. bis zum 18. Jahrhundert stammen.

Kirchhof und Dorfteich

In der Mitte des Dorfes befindet sich ein ummauerter Kirchhof, dessen zentrales Gebäude – nämlich die Kirche – bis heute leider nicht im Freilichtmuseum errichtet werden konnte. Hervorzuheben ist aber ein Kirchhofspeicher aus Mellrich, der mit der dendrochronologischen Datierung von 1505d noch im ausgehenden Mittelalter anzusiedeln ist. Großflächige Lehmgefache mit Staken zeugen vom hohen Alter dieses Kleinods.

Neben dem Kirchhof ist der Dorfteich zu finden, um den sich zahlreiche Gebäude gruppieren. Die Vielzahl der stattlichen Bauten erlaubt es kaum, alle zu benennen, geschweige denn ausreichend zu würdigen. Der Rundgang durch das Dorf soll an der Westseite des Dorfteiches beginnen und im Uhrzeigersinn erfolgen, um dann in die Dorfstraße abzubiegen, die letztlich aus dem Ort führt.

Freilichtmuseum Detmold - Paderborner Dorf - Dorfteich mit Haus Ludovici
Paderborner Dorf: Dorfteich mit Haus Ludovici

Bäckerei und Pastorat

Den Reigen der reichen Bürgerhäuser eröffnet das Haus Stahl aus Gütersloh, das um 1730 erbaut wurde. Bauherren waren der Kaufmann Peter Friedrich Hoffbauer und seine Frau Dorothea. Das jüngere Portal im Stile des Rokoko, das in die Diele führt, kann zurecht als das prachtvollste im ganzen Museum betrachtet werden. Wenige Meter weiter findet man am Haus Arneke aus Grohnde (1622 errichtet) eine für die regionale Tradition der Weserrenaissance charakteristische Utlucht. Da in einem ehemaligen Hinterhaus eine Bäckerei angesiedelt war, ist hier heute die Museumsbäckerei eingerichtet.

Freilichtmuseum Detmold - Paderborner Dorf - Bäckerei
Paderborner Dorf: Haus Arneke mit der Bäckerei

Das Haus Ludovici (erbaut 1608 bis 1614) vom Hof Weskamp in Neuenheerse kann mit reichem Schnitzwerk und Inschriften aufwarten. Es wurde von dem Beamten Dietrich Ludowigs in Auftrag gegeben. Weiter geht es zu einem Pfarrhaus aus Allagen bei Warstein aus dem 18. Jahrhundert, dessen Fachwerk in Teilen mit Schiefer verkleidet ist. Zum Pastorat gehört ein großer Garten für die Versorgung des Pfarrers. Seine Bepflanzung folgt Untersuchungen zu Pastoratsgärten im Hochstift Paderborn und den Tagebuchaufzeichnungen des Pfarrers Hermann Scipio aus Wrexen.

Gaststätte und Bürgerhäuser

Die Museumsgaststätte ist in zwei historischen Gebäuden angesiedelt. Der Erbauer des ersten war der Krämer und Reidemeister Anton Roland aus Obermarsberg. Das Haus Roland ist ein prächtiges Bürgerhaus von 1698, das tatsächlich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts als Gaststätte diente. Es besitzt zwei Utluchten und ein reiches Dekor, das an Beschlagwerk, ein Ornament der Renaissance, erinnert. Das Haus verfügt über ein steinernes Hinterhaus, das zu einem Vorgängerbau gehörte. Das zweite Gebäude der Gaststätte ist ein auf 1559d datiertes niederdeutsches Hallenhaus von enormen Ausmaßen, das zu den ältesten seiner Art in Westfalen-Lippe gehört.

Das folgende Haus Schwenger aus Rheda ist vom Kaufmann und Bürgermeister Daniel Schwenger 1708 erbaut worden. Ein Umbau im Stil des Rokoko erfolgte 1770. Das Fachwerk der Giebelfassade erhielt um 1840 einen spätklassizistischen Quaderputz, der die Erscheinung des Gebäudes entscheidend bestimmt. Die Reihe der Wohn-, Geschäfts- und Bürgerhäuser wird fortgesetzt vom Haus Uhlmann aus Ovenhausen, einem Bürgerhaus aus Blomberg, dessen älteste Teile in die Mitte des 15. Jahrhunderts datiert werden können, sowie dem Haus Düsterdieck, einem Bürgerhaus aus Holzminden von 1677.

Der Valepagenhof

Westlich des Kirchhofes treffen wir auf den Valepagenhof, dessen Haupthaus 1577 in Delbrück errichtet wurde. Bereits die Giebelfassade mit prachtvollen Fächerrosetten und figuralen Schnitzereien verdeutlicht den sozialen Rang des Bauherren: Joist Valepage-Varendorff gehörte dem niederen Adel des Paderborner Landes an. Der Hof war Lehen des Paderborner Klosters Abdinghof und wurde 1337 erstmals erwähnt.

Freilichtmuseum Detmold - Paderborner Dorf - Valepagenhof
Paderborner Dorf: Valepagenhof

Malerisch zeigt sich vor allem die Situation südlich des Haupthauses mit Stallscheune und Speicher. Letzterer stammt vom Hof Wilper in Winkhausen, ist für das Jahr 1561d dendrodatiert und zeigt wiederum Fächerrosetten – ein bemerkenswerter Luxus an einem Nebengebäude. Zu der Anlage gehört auch ein Garten mit aufwändigen Zierflächen.

Herrschaftliches Wohnen im Schönhof

Wahrlich herrschaftlich hauste man im gegenüberliegenden Schönhof aus Wiedenbrück, der um 1720 als langgezogener traufenständiger Bau errichtet wurde. Der Bauherr Franz Wilhelm Harsewinckel war als Rentmeister Landesbeamter des Osnabrücker Fürstbischofs. Doch erst unter seinem Nachfahren Carl Florenz Harsewinckel erhielt das Gutshaus seine repräsentativsten Räume. 1796 wurde der Festsaal von dem Rietberger Hofmaler Philipp Ferdinand Ludwig Bartscher neugestaltet. Bartscher entwarf ein dekoratives System aus marmorierten Pilastern, die freilich nur Wandmalereien waren.

Freilichtmuseum Detmold - Paderborner Dorf - Schönhof
Paderborner Dorf: Schönhof

Zum Gutshaus gehört wiederum ein barocker Garten. In ihm steht ein Gartenhaus, das seit 1700 beim Adel und der bürgerlichen Oberschicht in Mode kam. Hier wurde dem Müßiggang bei Tee oder Kaffee gefrönt, während man in die Landschaft schaute.

Backsteingefache, Schmiede und Wegekapelle

In der Dorfstraße fallen zwei Häuser mit ihren in Mustern vermauerten Gefachen aus Backstein auf. Es sind das Haupthaus des Meierhofes Zeddies aus Grohnde (erbaut 1731) sowie das Dorfbauernhaus Golücke aus Amelunxen von 1767. Der Weg führt uns hier heraus dem Dorf, vorbei an der Schmiede, in der das alte Handwerk noch immer vorgeführt wird und vorbei an einer pittoresken Wegekappele aus dem Jahre 1697, die eine Pietà auf dem Altar birgt.

Sauerländer Dorf

Bruchstein und Schiefer

Das Sauerländer Dorf liegt getrennt durch einer Bergkuppe unweit des Paderborner Dorfes in einer Hügellandschaft in enger Tallage. Es stellt ein typisches Kleindorf des Sauerlandes dar. Ein Aussichtsturm oberhalb des Dorfes verschafft uns einen ersten Überblick. Bereits von hier aus ist erkennbar, dass die Architektur des Sauerlandes sich von den nördlichen Landstrichen Westfalens abhebt. Neben Fachwerk kommen Bruchstein und Schiefer bei der Errichtung der Gebäude zum Einsatz.

Repräsentative Höfe

Das Dorf vereinigt gleich mehrere Höfe. Das Haupthaus des Hofes Sommer in Flape wurde 1623 erbaut, danach mehrfach umgestaltet und wartet mit auffälligen Taustabornamenten und viertelkreisförmigen Fußbändern im Fachwerk auf. Seitlich anschließend befindet sich ein zweigeschossiger Speicher. In der unmittelbaren Nachbarschaft steht mit dem „Pippels Häuschen“ aus der Kleinstadt Medebach ein als Ernhaus errichtetes Wohnhaus, das vor allem im mitteldeutschen Raum heimisch ist.

Freilichtmuseum Detmold - Sauerländer Dorf - Hof Sommer
Hof Sommer im Sauerländer Dorf

Der Blickfang des Dorfes ist aber zweifelsfrei die spätbarocke Fassade des Haupthauses vom Hof Kayser-Enke in Ostentrop, die mit christlicher Symbolik wie Heiligenfiguren, der Dreifaltigkeit und fürbittenden Inschriften besetzt ist. Das Haus entstand um 1770 und weist ein Erdgeschoss aus Bruchstein auf, während darüber engmaschiges Fachwerk zu sehen ist. Das Innere des als niederdeutsches Hallenhaus errichteten Gebäudes zeigt allerdings die Wohnverhältnisse der Zeit um 1925. Hinter dem Haus findet sich ein steinerner Speicher, der direkt in den Hang gebaut wurde.

Freilichtmuseum Detmold - Sauerländer Dorf - Hof Kayser-Enke
Hof Kayser-Enke im Sauerländer Dorf

Komplettiert wird die Dorfstruktur durch eine dritte, jüngere Hofanlage, deren Geschichte aber ins 15. Jahrhundert zurückreicht. Es handelt sich um den Hof Remberg aus Fretter. Das repräsentative Wohnhaus entstand im späten 19. Jahrhundert und steht mit seiner Raumaufteilung für die Modernisierung im Landleben jener Zeit. Teile der Wirtschaftsgebäude sind ebenfalls ins Museum transloziert worden.

Siegerländer Weiler

Wenige Schritte hinter dem Sauerländer Dorf stoßen wir auf die Bebauung des Siegerländer Weilers. Das Siegerland und das Wittgensteiner Land bilden seit der Angliederung an die Provinz Westfalen 1817 den äußersten Süden der Region, die das Detmolder Museum in seiner Gesamtheit vorstellt. Der Weiler wird nach dem Vorbild des Ortes Obernau bei Netphen errichtet, der 1968 beim Bau einer Talsperre untergegangen ist. Der Fokus soll dabei auf den Zustand um 1960 gelegt werden. Von den Planungen sind bereits der Aufbau einer Tankstelle aus dem Jahre 1951 und das Wohnhaus der Familie Stöcker umgesetzt. Letzteres gibt Einblick in die Alltagskultur der 1960er Jahre.

Zentrum des Weilers soll schließlich die in Nachbarschaft rekonstruierte Kapellenschule aus Werthenbach sein. Der Fachwerkbau kann dendrochronologisch auf das Jahr 1737d datiert werden. Er erhielt durch einen Schulanbau des frühen 19. Jahrhunderts eine bauliche Lösung, die der schon zuvor bestehenden Doppelfunktion Ausdruck verlieh.

Freilichtmuseum Detmold - Siegerländer Weiler - Kapellenschule
Kapellenschule im Siegerländer Weiler

Würdigung

Das weitläufige Gelände des Freilichtmuseums lädt zum Entdecken ein. Immer wieder ergeben sich weite Ausblick in die Landschaft hinaus. Manchmal fragten wir uns, ob die Gebäude am Horizont noch zum Museumsgelände oder bereits zu einem bewirtschafteten Bauernhof gehörten. Gut gelungen empfanden wir vor allem die in weiten Teilen realitätsnahe Einbettung in die verschiedenen Landschaftsformen. So sind das Sauerländer Dorf und der Siegerländer Weiler an den bergigsten Stellen des Geländes angesiedelt, während der Münsterländer Gräftenhof in flacherem Terrain von dichtem Laubwald umgeben ist.

Das LWL-Freilichtmuseum in Detmold ist zweifelsohne zu den eindrucksvollsten seiner Art zu zählen. Einen ganzen Tag haben wir hier verbracht, ohne das Gefühl zu haben, alles gesehen zu haben. Wer sich leicht überfrachtet fühlt, dem würden wir empfehlen, Schwerpunkte zu setzen, an deren Anfang auf jeden Fall das Paderborner Dorf stehen sollte. Doch auch für den wiederkehrenden Besucher bietet das Museum noch Potential. Gespannt darf man auf den Ausbau des Siegerländer Weilers und die hoffentlich bald realisierte Ergänzung der Kirche im Paderborner Dorf sein. Auch steht der Bau eines neuen Besucherzentrums in den Startlöchern.

Tipp: Mit der LWL-Museumscard kann man seinen Besuch kostengünstig auch auf mehrere Tage verteilen.

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