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Besuch im Freilichtmuseum Roscheider Hof

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Roscheider Hof
Hauptgebäude des Roscheider Hofes

Das Hauptgebäude und seine Ausstellungen

Das Freilichtmuseum Roscheider Hof bei Konz hoch oberhalb des Moseltals entstand an einem Originalschauplatz, dem Standort des Roscheider Hofes. Der Vierseithof, der erstmals 1330 in einer Urkunde genannt wurde, stellt heute das Hauptgebäude des Museumsareals dar und birgt zahlreiche kleine Dauerausstellungen.

Bereits auf den ersten Metern wird uns klar, dass wir kein Freilichtmuseum der üblichen Art betreten. Die Räume des Hofes sind bis zum Anschlag zugestellt mit zahlreichen Ausstellungsobjekten aus der Wohn-, Arbeits- und Alltagskultur vergangener Jahrhunderte. Wir sehen zahlreiche Wohnstuben, Geschäfte und Werkstätten, in denen viele Gegenstände gleich mehrfach auftauchen, als ob im Magazin des Museums dafür kein Platz mehr vorhanden gewesen wäre. Beschriftungen oder weitergehende Informationen sucht man in den meisten Fällen vergebens. Angesichts des nicht vorhandenen Sammlungsmanagements fragen wir uns, ob in diesem Museum überhaupt ein Depot existiert. Den zahlreichen Kindern, die hier herumwuseln, scheint es dennoch zu gefallen. Einen gewissen Charme versprühen die Sammlungen gewiss.

So schlagen wir uns auf einem nicht immer stringent ausgewiesenen Rundweg durch die ansehnliche Fahrzeughalle, ein Schulmuseum, entlang schön dekorierter Wohn- und Schlafstuben, vorbei an zahlreichen Läden – auch der Krämerladen „Tante Emma“ darf nicht fehlen – und Gerätschaften für den Weinbau und die Destillerie. Zwei Ladengassen mit unzähligen weiteren Geschäften ziehen unsere Aufmerksamkeit auf sich: Metzgerei, Apotheke, Uhrmacher, Hutladen sowie Eisenwarenladen inklusive. Sogar eine Zinnfiguren- und eine Spielzeugsammlung hat man hier im Hauptgebäude integriert. Weniger wäre sicher mehr gewesen. Immerhin besänftigt am Ende des Rundganges eine besser sortierte Ausstellung mit gusseisernen Öfen und entsprechenden Ofenplatten. Die hier gezeigten kunstvollen Objekte des Eisengusses reichen bis ins 15. Jahrhundert zurück.

Rund um den Güterbahnhof

Nach diesen überbordenden Eindrücken verlassen wir die Hofgebäude und schreiten herab zum Areal rund um den Güterbahnhof. Dessen Zentrum stellt eine Güterhalle aus dem Jahre 1888 dar. Sie stand ursprünglich am Bahnhof von Konz. Das Gebäude selbst und sein Umfeld ist mit Gerätschaften, Gütern und einem Wagon durchaus überzeugend in Szene gesetzt. Doch auch hier fehlen Informationstafeln mit weitergehenden Auskünften. Gleiches gilt für die zwei steinernen Gebäude, die den Bahnhof rahmen. Sie stammen aus dem frühen 19. bzw. der Mitte des 18. Jahrhundert und dienten als Wohnhaus sowie Lagerraum.

Roscheider Hof - Güterbahnhof
Der Güterbahnhof

Einige Schritte weiter begegnet uns das stattliche Saargauhaus. Bei diesem Gebäude handelt es sich um den Nachbau eines für das Trierer Land typischen Hauses, das im Saargau als Südwestdeutsches Einhaus häufig vorzufinden ist. Das Original stammte aus dem 18. Jahrhundert. Im Untergeschoss ist neben Küche und Wohnstube eine Brennerei zu bewundern.

Das Hunsrück-Dorf

Höhepunkt des Freilichtmuseums ist aber unzweifelhaft die Häusergruppierung des Hunsrück-Dorfes. Die Gebäude sind aus verschiedenen Dörfern zusammengetragen. Ihre scheinbar ungeordnete Formation in dem hügeligen Gelände lädt zum Stöbern und Entdecken ein. Die Einrichtung der Häuser vermittelt zudem einen guten Eindruck von den Wohn- und Arbeitsverhältnissen vom 18. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts im ländlichen Raum.

Roscheider Hof - Haus Schuche
Haus Schuche im Hunsrück-Dorf

Im Mittelpunkt des aus Fachwerkbauten bestehenden Weilers steht das Rathaus. Es ist ein aus dem Jahre 1749 stammendes Hirtenhaus, das erst später als Rathaus ausgebaut wurde und unschwer am Dachreiter mit der Ratsglocke erkennbar ist. Weiterhin existieren ein Schulhaus, eine Schmiede, eine Scheune, ein Backhaus sowie diverse Wohnbauten. Die Untergeschosse der Gebäude sind landschaftstypisch teilweise aus Bruchstein errichtet. Auch die für den Hunsrück typische Verkleidung der Fassaden mit Schieferplatten wird gezeigt.

Das Inventar ist gewiss liebevoll zusammengetragen und wir bekommen so manche Rarität zu sehen. Allerdings können wir uns in einigen Stuben nicht des Eindrucks erwehren, dass man es schlicht übertrieben hat mit der Fülle an Objekten, die die Räume geradezu bis zur letzten freien Fläche zustellen. Darunter leidet natürlich auch das grundsätzliche Verständnis für die Funktion der Räume. Gelungen empfanden wir dennoch vor allem das Schulhaus, das Haus Molz mit seinem Originalzustand von 1875 oder das Haus Kläsjes, ein Hirtenhaus aus dem späten 18. Jahrhundert. Interessant ist auch das Inventar des Hauses Trappitschens aus den 1950er Jahren, das wie eine Mischung aus älteren Objekten und dem Wirtschaftswunder der Nachkriegsjahre wirkt.

Dies und Das

Etwas abseits entdecken wir dann schließlich Objekte der Wohnkultur des 20. Jahrhunderts. Wie in vielen anderen Freilichtmuseen wagt man sich auch hier in Konz an den Aufbau einer entsprechenden Abteilung. Die ersten Beispiele, die man hierfür wählte, sind aber doch von ungewöhnlicher Natur. Es handelt sich um eine Baracke des Reichsarbeitsdienstes und eine sogenannte Nissen-Hütte. Letztere wurde im Nachkriegsdeutschland häufig als Notunterkunft für die vielen Obdachlosen eingesetzt.

Gelungen ist aber vor allem die Präsentation der Baracke des Reichsarbeitsdienstes. Hier erfolgt schließlich die auf dem übrigen Museumsgelände häufig vermisste Einordnung in einen historischen Kontext. Zahlreiche Informationstafeln stellen den Bau und seine Funktion im Rahmen der nationalsozialistischen Ideologie dar. Diese genormten Barackentypen kamen seit 1937 im Reichsarbeitsdienst und schließlich auch in Konzentrationslagern zum Einsatz.

Im Freigelände gibt es anschließend noch vieles zu entdecken. So pflegt man vor allem die Landwirtschaft und den Obstanbau. Auf dem Rückweg zum Hauptgebäude passieren wir den Museumsacker, eine Weide, eine Streuobstwiese sowie den Rosengarten mit einem Gartenhaus aus der Biedermeierzeit. Nahe den Gartenanlagen entdecken wir eine Wegekapelle aus Fachwerk. Auch eine Friedhofskapelle aus dem frühen 19. Jahrhundert mit einigen ansehnlichen Grabmonumenten befindet sich auf dem Gelände.

Kritik

Das Freilichtmuseum Roscheider Hof ist zweifelsohne ein toller Ort für Familien. Für Kinder gibt es Unzähliges zu entdecken und zu bestaunen. Hinter jeder Tür lauern unbekannte Gerätschaften aus vergangenen Zeiten. Über das Jahr verteilt locken stetig Veranstaltungen auf das Gelände, die das Leben unserer Vorfahren anschaulich werden lassen. Auch wir hatten bei unserem Besuch das Glück, dem lebendigen Treiben eines „Dorfes um 1500“ beizuwohnen. Diese Art von Lebendigkeit steht jedem Museum gut.

Roscheider Hof - Haus Molz und Hunsrück-Dorf
Veranstaltung im Hunsrück-Dorf, links das Haus Molz

Auf der anderen Seite findet sich da allerdings der sich durch das gesamte Gelände ziehende Eindruck des Fehlens eines professionellen Sammlungsmanagements. Besonders auffällig zeigt sich das im Haupthaus mit seinen zahlreichen überladenen Ausstellungen. Alte Alltagsgegenstände in möglichst großer Fülle in historischen Räumen zu deponieren, führt nicht zu einem besseren Verständnis der Vergangenheit, sondern häufig zum Gegenteil. Weniger ist mehr! Wie wäre es zum Beispiel mit einem Schaumagazin mit ordentlichen Beschriftungen der Sammlungsobjekte?

Überhaupt fehlte uns der rote Faden im Konzept des Museums. Viel zu häufig überkam uns der Eindruck eines althergebrachten Heimatmuseums, das irgendwann den Kinderschuhen entwachsen ist. Wie man es richtig macht, zeigt die kleine Ausstellung in der Baracke des Reichsarbeitsdienstes. Eine solche Vertiefung und Kontextualisierung würde man auch anderen Gebäuden auf dem Museumsgelände wünschen. Der Beliebtheit des Museums werden diese Mängel aber wahrscheinlich keinen Abbruch tun.

4 Kommentare zu “Besuch im Freilichtmuseum Roscheider Hof

  1. Hallo Damian,
    der Roscheider Hof wäre ein Punkt für meine Besuchsliste. Ich mag Freilichtmuseen sehr gerne. Sie zeigen sehr anschaulich unsere Geschichte.
    Herzliche Grüße
    Renate

  2. Bei einer Überladentheit gleich von einem fehlenden Sammlungsmanagement zu sprechen, halte ich für gewagt. Als Sammlungsleiter bin ich übrigens für beides, die RAD Baracke UND die restlichen Räume verantwortlich! Beides hat
    in meinen Augen seine Berechtigung. Es ist trotz der Kritik ein Artikel, der Lust auf das Museum macht. DANKE!

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