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Veere – kleinstädtische Idylle in Zeeland

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Veere - Hafenansicht
Hafenansicht mit Rathaus und schottischen Häusern am Kai

Historisches

Die Niederlande verfügen über unzählige pittoreske Orte. Das Städtchen Veere in der Provinz Zeeland zählt zu den kleinsten und reizvollsten unter ihnen. Eine Handvoll Gassen mit kleinen Wohnhäusern, ein Hafenbecken, in dem sich im Sommer die Jachten tummeln, eine kleine, quirlige Promenade mit stolzen Bürgerhausfassaden, das Ganze überragt vom hohen Turm des mittelalterlichen Rathauses und einem gewaltigen Kirchenbau – fertig ist die niederländische Kleinstadtidylle auf engstem Raum.

Im 13. Jahrhundert wurde der Ort auf der Halbinsel Walcheren in Urkunden als Weiler Kampvere bezeichnet. Doch erst im Spätmittelalter stieg Veere zu einem bedeutenden Handelsplatz und Hafen auf. Das Stadtrecht ist erstmals für das 15. Jahrhundert bezeugt. Bis 1560 war Veere Sitz der niederländischen Admiralität. Die burgundischen Herren von Veere bekleideten das Amt des Admirals. Insbesondere die Familie Borssele, namentlich Wolfhart VI. von Borsselen, war für die Geschichte der Stadt und von Walcheren von Bedeutung. Durch ihre Beziehungen nach Schottland – Wolfhart VI. heiratete Marie Stuart von Schottland – kamen schottische Kaufleute nach Veere und gründeten eine Kolonie. Fortan hatte der Wollhandel für die kleine Hafenstadt eine hohe Bedeutung.

Wie viele andere niederländische Städte wurde Veere in die Wirren des 80 Jahre andauernden Unabhängigkeitskrieges der niederländischen Provinzen gegen die spanischen Besatzer aus dem Hause Habsburg hineingezogen. 1572 konnten die Spanier aus der Stadt gejagt werden. Die schottische Kolonie bestand noch bis 1795. Danach begann der Abstieg des Ortes zu einem bescheidenen Fischerdorf. In der napoleonischen Zeit besetzten Franzosen ihn. Heute ist Veere mit seinem pittoresken Ortsbild Touristenmagnet.

Hafen und Markt

Starten wir unseren kleinen Rundgang am Hafen, dem pulsierenden Zentrum des Ortes, mit der typisch holländischen Zugbrücke! Der beste Blick auf die Kaistraße mit ihren staffelgiebelbekrönten Fassaden der Kaufmannshäuser bietet die gegenüberliegende Seite des Hafenbeckens. Unter den Bauten befinden sich von schottischen Kaufleuten im 16. Jahrhundert errichtete Häuser, die heute in Verbindung mit dem Rathaus ein Museum beherbergen. Es erinnert an die über Jahrhunderte bedeutenden Handelsbeziehungen zwischen Schottland und Veere. Am Kopf der Kaistraße steht der um 1500 zum Schutz des Hafenbeckens errichtete markante Campveerser Turm mit seinen alternierend aus Back- und Sandstein bestehenden Steinschichten.

Vom Hafen zweigt die Marktstraße ab. Der Markplatz selbst wird dabei durch die Verbreiterung des Straßenzuges gebildet. Am Eingang steht das prächtige spätgotische Rathaus mit einem bemerkenswert schlanken Turm, der die Häuser mit seiner abschließenden Laterne weit sichtbar überragt. Es wurde 1474 unter Leitung des flämischen Architekten Everaert Spoorwater errichtet, der auch an Kirchenbauten in Dordrecht, Bergen op Zoom und Haarlem tätig war. Das historische Glockenspiel des Rathauses begleitete uns noch lange durch die Gassen.

Grote Kerk

Über die beschauliche Kapellenstraat, die ebenfalls vom Hafen abzweigt, erreichen wir die Grote Kerk (Große Kirche oder Liebfrauenkirche), die ihrem Namen alle Ehre macht. Das Gotteshaus, dessen Vorgängerbau Mitte des 14. Jahrhunderts entstand, ist in der Stadt stets sichtbar. 1472 wurde hier ein Kanonikerstift eingerichtet, wodurch ein monumentaler Neubau initiiert wurde. Dieser ist aber nie fertiggestellt und zudem durch Brandkatastrophen und Fremdnutzung stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Der monumentale Torso ohne Chor, Maßwerk und Gewölbe überragt fast bedrohlich die niedrigen umliegenden Häuser. Er wird heute für kulturelle Zwecke genutzt.

Veere - Grote Kerk
Grote Kerk

Wie ein Gegenpol wirkt dagegen der vor der südlichen Querhausfassade befindliche, filigrane Bau einer Zisterne aus dem Jahre 1551. Diese wurde den schottischen Wollhändlern als Wasserreservoir versprochen und trägt daher sicher nicht zufällig Anklänge an die Tudorgotik. Wasser und Schotten – diese Kombination stellt einen würdigen und geeigneten Abschluss unseres kleinen Rundgangs durch eine Stadt dar, die wie eine Miniaturausgabe der Niederlande wirkt.

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