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Historischer Abriss
Amersfoort in der Provinz Utrecht verfügt über keinen so klangvollen Namen wie andere historische Städte in den Niederlanden. Trotzdem besaß die Stadt zumindest im Mittelalter eine nicht unerhebliche Bedeutung als Handelsort an einer Furt des Flusses Eem. Dieser verband die Siedlung mit der Zuiderzee und somit der Nordsee. Die Ersterwähnung Amersfoorts im Jahre 1028 dürfte sich auf eine dörfliche Ansiedlung bezogen haben. 1259 wurden vom Utrechter Bischof Stadtrechte verliehen, was auf die Existenz einer ersten Befestigung schließen lässt, die sich noch heute im Stadtgrundriss als innerer Kreis innerhalb der Altstadt abzeichnet. Zwischen 1380 und 1450 erfolgte der Bau einer zweiten Stadtmauer, die die gewachsene Stadt umschloss. Das Spätmittelalter stellte die Blütezeit Amersfoorts dar.

Die Schiffbarkeit der Eem ging seit dem 16. Jahrhundert zurück, was zu einer wirtschaftlichen Stagnation des Ortes führte. Wie viele andere niederländische Städte war Amersfoort zudem in den 80 Jahre andauernden Unabhängigkeitskrieg der nördlichen Niederlande gegen die spanischen Besatzer involviert. In diesem Kontext trat die Stadt im Jahre 1579 der Utrechter Union bei. Erst Jahrhunderte später, ab 1870, erlebte die Stadt durch die Ernennung zur Garnisonstadt wieder einen Aufschwung. Die lange Stagnation in der Entwicklung führte im Gegenzug dazu, dass Amersfoort seinen mittelalterlichen Charakter in vielen Straßenzügen erhalten konnte. Das ist Grund genug für uns, die Altstadt bei einem ausführlichen Stadtrundgang näher zu betrachten. Wer darüber hinaus mehr über Kunst und Geschichte Amersfoorts erfahren möchte, ist im Museum Flehite bestens aufgehoben.

Rundgang durch die Altstadt
Die Stadtbefestigung mit dem Koppelpoort
Die Atmosphäre der Amersfoorter Altstadt wird nicht zuletzt durch ihre Gräben, Kanäle, Stadtmauern und Stadttore bestimmt, die an vielen Stellen erhalten sind. Die Stadtmauer wird begleitet von den die Altstadt umfließenden Bachsystemen. Besonders idyllisch zeigt sie sich dort, wo Kanäle und Bäche den Mauerring durchbrechen. Ganz im Süden des historischen Stadtkerns liegt der Monnikendam, ein Wassertor als Teil des äußeren Mauerrings. Hier kommen mehrere Wasserläufe zusammen, die um oder durch die Altstadt führen.

Im Nordwesten steht mit dem Koppelpoort eines der Wahrzeichen Amersfoorts. Das Stadttor ist ein kombiniertes Land- und Wassertor und bildet mit dem Wasserlauf der Eem, dem hier abzweigenden Kanalsystem und einer angrenzenden Wassermühle ein malerisches Ensemble erster Güte. Die Bausubstanz stammt aus dem frühen 15. Jahrhundert und ist ebenfalls der äußeren und somit jüngeren Stadtbefestigung zuzurechnen. Mit dem aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammenden Kamperbinnenpoort sind zudem Teile eines Stadttores der ersten Stadtbefestigung erhalten. Es verlor bei der spätmittelalterlichen Erweiterung von Amersfoort seine Verteidigungsfunktion, sodass heute nur noch das Vortor mit seinen markanten Achtecktürmen steht.


Grachten und Altstadtgassen
Beschaulich und idyllisch präsentieren sich die historischen Gassen der Altstadt von Amersfoort. Immer wieder stoßen wir auf beschauliche Wasserarme, die meist von Backsteinbauten gesäumt sind. Besonders reizvoll ist der Weg vom Koppelpoort vorbei am prächtigen Bauensemble des Museums Flehite. Von hier geht es weiter entlang der Langegracht, die den Blick freigibt auf die hoch aufragenden Turmbauten der Stadt. Vorbei an der klassizistischen Elleboogkerk geht es zur schmalen Fischhalle aus dem 17. Jahrhundert, um schließlich im Süden auf das Huis Tinnenburg (auch: Groot Tinnenburg) zu stoßen, das wahrscheinlich in die erste Stadtbefestigung von Amersfoort integriert war. Seine Ersterwähnung ist ins Jahr 1414 zu datieren.

An diesem Ort fließen wiederum mehrere Kanäle und Bäche zusammen und bilden eine äußerst pittoreske Altstadtkulisse. Von hier schweift unser Blick vorbei am prachtvollen Huis Cohen aus dem 18. Jahrhundert auf die Stadtseite des äußeren Mauerrings, wo sich der Monnikendam vom Beginn unseres Rundganges schemenhaft hinter den Bäumen abzeichnet.


Ein wahrer Geheimtipp ist der Straßenzug Muurhuizen, den wir an dieser Stelle betreten. Er führt in einem weiten Bogen fast um die gesamte innere Altstadt herum. Er zeichnet den Verlauf der ersten Stadtbefestigung nach und ist gesäumt von zahlreichen Wohnbauten, die einst als Mauerhäuser entlang des alten Stadtmauerverlaufs errichtet wurden. Sie stammen überwiegend aus der frühen Neuzeit, aber gelegentlich finden sich auch Reste der mittelalterlichen Bebauung wie der Plompetoren (auch: Dieventoren), der den drohenden Abriss nach der Erweiterung der Stadt als Gefängnisturm überlebte. Wir folgen der Straße vorbei am Kamperbinnenpoort bis zu ihrem End- und unserem Ausgangspunkt am Museum Flehite. Wir wollen mehr sehen und folgen dem bogenförmigen Straßenzug weiter, der ab hier den Namen Breestraat trägt.

Sakralbauten und Plätze
Auf diesem Wege erreichen wir den wohl ehemals bedeutendsten Sakralbau Amersfoorts, dessen ursprüngliche Dimensionen sich aber erst auf den zweiten Blick erschließen. Der im Volksmund als Langer Jan bezeichnete Kirchturm aus dem 15. Jahrhundert ist mit 98 Meter Höhe der dritthöchste der Niederlande und ein Wahrzeichen der Stadt. Als Vorbild diente der Domturm in Utrecht. Die dazugehörige spätgotische Liebfrauenkirche ist im frühen 19. Jahrhundert abgerissen worden, nachdem sie über Jahrhunderte zweckentfremdet und 1787 bei einer Explosion schwer beschädigt worden war. Sie hinterließ eine große Freifläche.


Unser Weg führt uns zuletzt in die Mitte der Stadt, zum sogenannten Hof. Die Nordseite dieses weiträumigen Platzes beherrscht die Sint-Joriskerk, die älteste Pfarrkirche der Stadt, deren Erstbau in der Mitte des 13. Jahrhunderts wahrscheinlich an der Stelle eines bischöflichen Hofes errichtet wurde. Im 15. Jahrhundert erfolgten umfassende Umbauten zur Hallenkirche. Ein Ort voller Behaglichkeit ist der sich nördlich der Kirche befindende Platz Groenmarkt mit dem anschließenden Appelmarkt. Hier stehen einige schöne Giebelhäuser, die wie das pittoreske Mandaatshuisje teilweise ins Mittelalter zurückreichen.

Viel Sehenswertes ließe sich noch in den schmalen Gassen und auf den Plätzen von Amersfoort entdecken. Die Stadt hält noch einige Kleinode in ihren verwinkelten Straßen bereit. Unser kurzer Stadtrundgang konnte nicht jedes Baudenkmal ausreichend würdigen. So stießen wir zum Beispiel mehr zufällig auf den stattlichen Baukomplex des Marienhofes, einem ehemaligen Kloster der Kongregation der Schwarzen Schwestern, das später zu einem Waisenhaus umgewandelt wurde. Vielleicht kann sich Amersfoort architekturgeschichtlich nicht mit den bedeutenden historischen Zentren der Niederlande messen, doch als Gesamtkulisse mit besonderem Flair kann es gleich mehrfach punkten und wird uns auch zukünftig als Besucher begrüßen dürfen.
Amersfoorts ist eine Mini-Version von Amsterdam, ruhig und nicht so touristisch überlaufen. Ein Besuch lohnt sich. Die Stadt ist sehenswert. Da wir nahe der holländischen Grenze wohnen, sind wir für ein längeres Wochenende gerne dort. Geht natürlich, wie überall in Holland, mit dem Rad auch sehr gut.
Mit dem Rad kann man überall in den Niederlanden auf dem vorbildhaften Wegenetz vorwärtskommen, das stimmt. Auch in den Großstädten. Was die Vergleichbarkeit von Amersfoort mit Amsterdam angeht, möchte ich doch ein klein wenig widersprechen. Natürlich erinnert das viele Wasser in der Stadt an das große Vorbild, aber das gilt letztlich für sehr viele historische Orte in den Niederlanden. Die Architektur und das Straßenbild sind dagegen doch verschieden. Amersfoort ist wie nur wenige andere Städte der Niederlande noch in Teilen mittelalterlich geprägt. Für Amsterdam kann man das aufgrund seiner Geschichte und des enormen Wachstums im 17. Jahrhundert nicht behaupten.