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Andalusien, Grananda und die Mauren
Die Alhambra! Klangvoller Name, UNESCO-Weltkulturerbe, aber wer kennt hier in Mitteleuropa den genauen Kontext, in dem dieses herausragende Bauwerk maurischer Kultur im andalusischen Granada errichtet wurde?
Große Teile der iberischen Halbinsel waren im Mittelalter unter maurischer Herrschaft. Die als Reconquista bezeichnete Rückeroberung durch christliche Herrscher erstreckte sich über Jahrhunderte und fand mit der Eroberung Granadas im Jahre 1492 ein Ende. Damit fiel auch die Alhambra, ein Manifest islamischer Kunst, in christliche Hand. Die gewaltige Stadtburg auf einem Felsvorsprung über Granada diente dem maurischen Geschlecht der Nasriden seit 1238 als Residenz. Seine architektonische Blüte erlebte der Baukomplex unter den Emiren Yusuf I. und Muhammed V. im 14. Jahrhundert.
Aus heutiger Sicht mag es überraschen, dass mit dem Ende der Mauren in Spanien die kulturelle Blüte in weiten Teilen ein jähes Ende fand. Muslime und Juden wurden fortan verfolgt, zum Konvertieren gezwungen oder vertrieben. Die Spanische Inquisition war bis ins frühe 19. Jahrhundert hinein für unzählige religiös motivierte Hinrichtungen verantwortlich. Granada und zahlreiche andere Städte Andalusiens verkamen zu unbedeutenden Provinzorten.

Tickets
Die Alhambra ist eine der meistbesuchten touristischen Destinationen in Europa. Das hat Folgen für den Besucher. Um Tickets zu ergattern, sollte man seinen Besuch schon viele Monate im Voraus online planen und buchen. Ich empfehle die offizielle Verkaufsstelle der Alhambra. Der Ticket-Preis ist mit 14 € plus geringer Gebühren für das Gebotene äußerst moderat.
Das Prozedere für den Besuchstag klingt komplizierter, als es wirklich ist. Man kauft die Tickets für eine bestimmten Tag und eine festgelegte Uhrzeit. Letztere ist lediglich für die nasridischen Paläste verbindlich. Hier empfiehlt es sich, pünktlich am entsprechenden Einlass zu erscheinen. Die übrigen Bereiche der Alhambra sind entweder frei oder am gebuchten Tag zu jeder Zeit mit dem Ticket zu betreten. Außer an den nasridischen Palästen sind die Tickets für die Alcazaba und einen kleinen Teil der Gärten des Generalife vorzuzeigen.
Die Organisation vor Ort ist gut strukturiert. Die limitierte Zahl von rund 7000 Besuchern pro Tag wirkte auf uns in jedem Bereich erträglich, auch wenn dieser besondere Ort durch die vielen anwesenden Menschen einen Teil seiner Atmosphäre einbüßt. Auch die von anderen überlaufenen Destinationen bekannte Schleusung der Touristen findet in der Alhambra erfreulicherweise nicht statt, so dass man sich in jedem Bereich so lange aufhalten kann, wie man möchte. Wer die Wahl hat, dem würde ich die Abendstunden für einen Besuch empfehlen. Übrigens: Es gibt auch Nachtführungen.
Parken
Weniger erfreulich ist die Parksituation. Zwar gibt es an der Alhambra große Parkplatzanlagen, doch sind die Gebühren im Vergleich zum Eintrittspreis regelrecht unverschämt. Da man nicht umhinkommt, mindestens einen halben Tag in der Anlage zu verweilen, erreicht man schnell den Höchstbetrag von knapp 20 €. Wir haben uns daher wie viele andere entschieden, weiter im Rücken der Alhambra, nahe einem Friedhof, das Auto abzustellen. Ob der in einen Naturpark führende Fahrweg mit nicht ganz eindeutigen Bestimmungen zu den Parkeinschränkungen eine Alternative darstellt, muss jeder für sich entscheiden. Der Fußweg von hier zum Haupteingang der Alhambra ist auf jeden Fall überschaubar kurz.
Der alternative Eingang
Der Haupteingang ist das richtige Stichwort für einen der wertvollsten Tipps für den Besuch der Alhambra. Da man bei der Anreise in aller Regel bereits über ein Online-Ticket verfügt, sollte man dem Haupteingang die kalte Schulter zeigen und stattdessen die Anlage über die an der Südseite der Anlage befindliche Puerta de la Justicia betreten. Das ist nicht nur authentischer, sondern bringt uns direkt ins Zentrum der historischen Anlage. Man schreitet durch das Labyrinth einer arabischen Verteidigungsanlage, an dessen Ende ein weitläufiges Areal steht, das man grundsätzlich ohne Ticket betreten darf.


Gerade, wenn man erstmals die Alhambra besucht, bekommt man trotz des Trubels, der an dieser Stelle herrscht, einen wunderbaren Überblick über die einzelnen Komplexe der Gesamtanlage. Hier kann man das Ambiente zunächst auf sich wirken lassen, einen Zeitplan für den weiteren Besuch aufstellen oder das Prozedere beim Einlass in die nasridischen Paläste studieren. Einen Vorgeschmack auf deren Ornamentreichtum offenbart die hier stehende Puerta del Vino. Auch die Zugänge zur Alcazaba und den Palast Karls V. befinden sich im näheren Umfeld.
Die Komplexe der Alhambra
Die Reihenfolge, in der man die einzelnen Komplexe der Alhambra besichtigt, hängt natürlich entscheidend von der Uhrzeit auf dem Ticket ab, zu der man die nasridischen Paläste betreten darf. Wenn man die Flexibilität besitzt, empfehle ich, die Alcazaba an den Anfang und die Gärten des Generalife ans Ende zu stellen.
Alcazaba – die Festungsanlage
Als Alcazaba wird eine maurische Festungsanlage im Süden Spaniens bezeichnet. In der Alhambra bezieht sich der Begriff auf die exponiert über dem Felssporn im Westen gelegene Zitadelle. Sie zeichnet sich durch zahlreiche Türme, Tore und Gänge aus. Von ihr bietet sich ein großartiger Rundblick auf Stadt und Landschaft bis zu den Bergen der Sierra Nevada. Mit ihren rötlichen Mauerflächen zieht die Alcazaba zudem als Fotomotiv insbesondere in den Abendstunden die Blicke auf sich. Am besten kann man dies aus den Gassen des Albayzin, dem maurischen Altstadtviertel Granadas, genießen.


Nasridische Paläste
Die Paläste der nasridischen Dynastie sind unbestrittener Höhepunkt der Alhambra. Wasser und Ornament sind hier die beherrschenden Themen. Das Wasser und sein Spiel werden hier selbst zur Kunst hochstilisiert. Die Wände der unzähligen Räume und Höfe sind im maurischen Stil mit Ornamenten wie beispielsweise mit der Arabeske und bunten Fliesen übersät. Man möchte sich gerne diese visuellen Eindrücke und das Plätschern des Wassers ohne die vielen Touristen vorstellen.

Mexuar, Cosmares und Myrtenhof
Der Komplex selbst teilt sich in drei Bereiche: Mexuar, Comares und Leones, die vom Besucher auch in dieser Reihenfolge durchschritten werden. Betritt man die Paläste erstmals, ist man geneigt, sich bereits im Mexuar (Verwaltungstrakt) von der Vielfalt der Architektur berauschen zu lassen, nicht ahnend, dass sich diese von Raum zu Raum und Hof zu Hof weiter steigert. Dieser erste Bereich des Palastkomplexes ist auch durch spätere Umbauten und Eingriffe weitaus mehr in Mitleidenschaft gezogen als die folgenden Abschnitte Comares und Leones.

Zentrum von Comares, dem Bereich des politischen und diplomatischen Geschehens am Hof, ist der Myrtenhof mit einem langgestreckten von Myrtenbüschen begleiteten Wasserbecken. An den Kopfseiten des Hofes leiten Galerien den Weg des Besuchers und ziehen den Blick auf sich. Die Nordgalerie vermittelt über die Sala de la Barca in den im Comares-Turm befindlichen Botschaftersaal mit seiner prachtvollen Decke aus kleinteiligem Zedernholz.



Leones, Löwenhof und Gärten des Partal
Der letzte Bereich des Palastes beherbergt schließlich den Löwenhof. Hier befinden wir uns im Privatbereich des Emirs. Der den Hof umziehenden Umgang mit seinen filigranen Säulen und der überschäumenden Ornamentik erinnert an christliche Kreuzgänge. In der Mitte befindet sich ein Brunnen, umringt von zwölf wasserspeienden Löwen aus weißem Marmor. Sie geben dem Hof seinen Namen. Heute müssen Sie als Beiwerk für zahlreiche Fotos mit posierenden Touristen herhalten. Angrenzend an den Löwenhof finden sich zahlreiche Prunkräume, die in ihrer ornamentalen Pracht und den Stalaktitengewölben miteinander konkurrieren: Königssaal, Abencerrajes-Saal, Saal der Zwei Schwestern.







Noch gänzlich berauscht von der Fülle der Eindrücke schreitet man durch begrünte Höfe hinaus in die Gärten des Partal, die ihrerseits mit dem Spiel von Wasser, Galerien, Türmen und einem wunderschönen Oratorium aufwarten können. Ein würdiger Abschluss des Rundganges!


Der Palast Karls V.
Würde der wuchtige Palast des Kaisers aus dem Hause Habsburg an einem anderen Ort stehen, er würde als einer der Höhepunkte spanischer Renaissance ausreichend gewürdigt werden. In der Alhambra wirkt er aber mit seinen wuchtigen bossenbesetzten Außenfassaden wie ein Fremdkörper. Ganz anders ist dagegen der Eindruck, wenn man durch ein Tor in den Hof des Gebäudes tritt. Kreisrund folgt dieser dem geometrischen Ideal der Renaissance und wird von einer doppelstöckigen Galerie begleitet. Die formvollendeten Kolonnaden zeigen im Untergeschoss eine dorische, im Obergeschoss eine ionische Ordnung. Dem Architekten gelang es zudem, mit geschwungenen Treppenläufen, den quadratischen Grundriss des Palastes mit dem Rund der inneren Struktur in Einklang zu bringen und dem Gebäude so etwas Leichtes zu geben.

Nicht nur, dass der Palast ohne Ticket zu betreten ist, auch die in ihm befindlichen Museen sind es. Besonders empfehlenswert ist das Museum im Erdgeschoss, in dem eindrucksvoll maurische Kultur und Kunst präsentiert wird.
Die Gärten des Generalife
Der Generalife, eine Art Sommerhaus des Emirs, und seine ausgedehnten Gärten liegen außerhalb des Mauerrings der Alhambra auf einem gegenüberliegenden Hügel. Der größte Teil der Gärten ist frei zugänglich und bildet das passende Ambiente, um nach einer umfangreichen Besichtigungstour etwas zur Ruhe zu kommen. Lediglich der eigentliche Gebäudekomplex ist ausschließlich mit dem Alhambra-Ticket zu betreten. Es erwarten den Besucher auch hier berauschende Garten- und Wasserkunst kombiniert mit schattigen Galerien in maurischer Architektur.


Rundgang und Panorama
Wie es möglich ist, in nur drei Stunden – so ist es in manchem Reiseführer zu lesen – durch die Alhambra zu rauschen, erschließt sich uns nicht. Vielleicht mag das für das Tempo asiatischer Busreisegruppen gelten. Möchte man dagegen die Atmosphäre des Ortes trotz der vielen Menschen ergründen, so erscheint doch fast ein ganzer Tag angemessen. Wir beschlossen jedenfalls, am Folgetag wieder zu kommen und die Anlage von außen sowie ihre unmittelbare Umgebung auf uns wirken zu lassen.
Besonders reizvoll ist der steile Abgang von der Alhambra, der zwischen dem Mauerring und dem Generalife ins maurische Altstadtviertel Albayzin hinabführt. Der Aufgang ist auf der gegenüberliegenden Seite von der Plaza Nueva möglich. Man schreitet dabei durch ausgedehnte Parkanlagen und Wälder, die immer wieder die monumentalen Mauern der Alhambra durchscheinen lassen.
Der besondere Tipp: Vom Kirchplatz der Kirche San Nicolás im Albayzin erhält man den ultimativen Blick auf die Alhambra. Insbesondere in den Abendstunden treffen sich Touristen und Einheimische an dieser Stelle, um die besondere Atmosphäre zu genießen, wenn die untergehende Abendsonne die Gemäuer in ein rotes Licht tränken, während dahinter die schneebedeckten Hänge der Sierra Nevada aufragen. Postkartenmotive und Gänsehaut garantiert!
Danke Damian für diese tollen Einblicke!!! Die Alhambra steht schon lange auf meiner Wunschliste, war aber irgendwie etwas aus meinem Focus gerutscht. Jetzt würde ich am liebsten sofort losreisen!!!
Herzliche Grüße aus dem maison malou
Biggi
Danke für deinen Kommentar, Biggi! Einmal im Leben sollte man die Alhambra gesehen haben. Und wenn man schon in Andalusien ist, dann sollte man unbedingt auch der Mezquita in Cordoba einen Besuch abstatten. Die hat mich nicht minder beeindruckt. Vielleicht schreibe ich dazu auch mal einen Blogbeitrag.
Hallo Damian,
du hast natürlich Recht, dass die Puerta de la Justicia der authentischere Eingang ist, jedoch finde ich immer, dass man mit dem Generalife anfangen sollte. Die Paläste des Generalife sind Wow! Der Hauptpalast Los Palacios Nazaríes steigern das noch. Geht man den umgekehrten Weg, dann ist der Generalife nur noch ein Abklatsch dessen, was man bereits gesehen hat.
Wer es im Übrigen verpasst hat, sich rechtzeitig ein Ticket für die Alhambra zu sichern, dem sei das Cuarto Real de Santo Domingo empfohlen. Der Eintritt dort ist kostenfrei und natürlich ist die Anlage relativ klein. Aber man bekommt einen Eindruck von dem, was in der Alhambra zu sehen ist, obwohl die Arbeiten hier älter als die Alhambra sind.
Alternative zum Parken: Vom Stadtzentrum aus hochlaufen (bis zur Puerta de la Justicia vielleicht 5 – 10 Minuten je nach Fitness) oder mit dem Kleinbus fahren. Ist natürlich nicht unbedingt die erste Wahl für Tagesgäste.
Hallo Andreas,
hinsichtlich der Architektur ist der Generalife sicher nur noch ein Nachklang der nasridischen Paläste, da gebe ich dir recht. Aber die ausgedehnten Gärten haben uns sehr gefallen, zumal in Kombination mit der Architektur und dem Ausblick auf die Hauptanlage der Alhambra. In welcher Reihenfolge man nun den Besuch bevorzugt, hängt auch von den eigenen Präferenzen und der Kondition bzw. Aufnahmefähigkeit des einzelnen ab.
Das Parken in der Stadt haben wir ganz bewusst ausgeschlossen. Als Tagestourist sollte man sich das nicht antun. Aber der Aufgang von der Stadt zur Puerta de la Justicia ist in der Tat nicht weit, aber steil.
Hinterm Kolumbusdenkmal fährt der Kleinbus, der sowohl an der Puerta de la Justicia als auch an der Tageskasse hält. Aber das ist tatsächlich eher etwas für Übernachtungs- als für Tagesgäste. Wessen Interesse tiefergehend ist, dem empfehle ich das Buch „Die Alhambra lesen“, ein Buch, das sich mit den Inschriften der al-ḥamrā‘a befasst.
Das ist sicher etwas für den zweiten Besuch in der Alhambra. Die Inschriften waren so vielfältig, dass man sie bei oberflächlicher Betrachtung gar nicht vom Ornament unterscheiden konnte.
Sehr schön beschrieben. Ich war dort ebenfalls vor zwei Jahren bei über 40 Grad. Ich muss sagen, dass dies eines der schönsten Erlebnisse war.
Geparkt haben wir auch auf den Parkplatz vor der Anlage, da einfach die Zeit nicht reicht, alles zu sehen, wenn man dann auch noch den Berg hochlaufen muss.