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Västergötland
Västergötland ist eine der geschichtsträchtigsten Provinzen Schwedens. Hier fasste das Christentum in Schweden besonders früh Fuß und hier durchzieht mit dem Göta-Kanal eine außergewöhnliche Wasserstraße das Land und verbindet die größten Seen Schwedens – den Vänern im Westen mit dem Vättern im Osten.
Wir wollen uns auf die Reise begeben durch den nördlichen Teil Västergötlands. Die Gegend ist Teil der Mittelschwedischen Senke und in weiten Teilen identisch mit der ehemaligen Provinz Skaraborg. Im Norden wird die Ebene durch die undurchdringlichen Wälder des Tiveden scharf begrenzt, während der Süden Västergötlands bereits zum Südschwedischen Hochland zu zählen ist und eine andere Prägung aufweist.
Der Göta-Kanal
Unsere Reise beginnt ganz im Norden Västergötlands, wo die Distanz zwischen Vänern und Vättern am geringsten ist und die Verbindung der beiden Seen durch einen künstlichen Wasserweg – den Göta-Kanal – am aussichtsreichsten zu realisieren war. Der dortige Abschnitt des Kanals ist aber nur ein Teilstück der Wasserstraße, die quer durch Schweden vom Kattegat bis zur Ostsee reicht. Nach der Bauzeit von 1810 bis 1832 machte der Kanal den mit dänischem Zoll belegten Weg durch den Öresund entbehrlich.
Heute ist die Wasserstraße mit ihren zahlreichen Schleusen eine Touristenattraktion höchsten Ranges. Im Sommer schaut man den Freizeitskippern mit ihren Motor- oder Segelbooten bei den Schleusenvorgängen zu, während man an einem der zahlreichen Picknickplätze eine schwedische Fika genießt. Entlang des Wassers führt ein Fahrradweg von Sjötorp am Vänern bis Tåtorp am Viken. Von hier aus geht es dann nur noch per Schiff weiter – zum Beispiel mit dem historischen Ausflugsboot Juno. Über den See Viken erreicht der Kanal vorbei am Industriemuseum in Forshem schließlich bei Karlsborg den Vättern.


Die 35 km von Sjötorp nach Tätorp sind zugleich der längste durchgehende Abschnitt des Göta-Kanals – im Übrigen verläuft die Strecke durch zahlreiche kleinere und größere Seen – und eignet sich daher für Tagestouren per Fahrrad. Die Schleusen mit ihren pittoresken Schleusenhäusern laden häufig zum Verweilen ein. Unsere Fahrten führten uns immer wieder in das romantische Dorf Hajstorp mit seinem Schleusencafé. In Norrqvarn lag ein Nachbau des 1836 gebauten Raddampfers Eric Nordevall vor Anker. Ein echter Hingucker!


Schloss Läckö
Auf der Insel Kållandsö im Vänern liegt das Schloss Läckö. Die mittelalterliche Anlage erhielt im 17. Jahrhundert ihr heutiges Aussehen als barocke Residenz mit unzähligen reich ausgestatteten Zimmern. Was diesen Ort so besonders macht, ist nicht allein die Architektur. Unzweifelhaft haben wir hier eine der bedeutendsten Schlossbauten Schwedens vor uns, doch seine exponierte Lage auf einem Felsen über dem Vänern ist einzigartig – so abgedroschen das klingen mag. In den Abendstunden wird der gewaltige Bau von der untergehenden Sonne in ein rötliches Licht getaucht, während das Wasser des Sees gegen die Felsen schlägt und somit auch akustisch eine würdige Untermalung bietet. Ein Ort für Sehnsüchte!

In den Sommermonaten finden Ausstellungen und Opernaufführungen auf dem Schlossgelände statt. Ein Schlossgarten verzückt Pflanzenfreunde. Gastronomie und Bootshafen sind ebenfalls auf dem weitläufigen Areal rund um das Schloss vorhanden. Es ist ein Ort ohne hektische Betriebsamkeit (die muss man in Schweden eh lange suchen), der zugleich für kulturelle und touristische Aktivitäten alles bietet.
Varnhem und Umgebung
Das Zisterzienserkloster Varnhem
Auch dem aus dem 12. Jahrhundert stammenden Zisterzienserkloster in Varnhem und seiner unmittelbaren Umgebung statteten wir gerne mehrfach einen Besuch ab. Und das lag sicher nicht allein an dem urgemütlichen Gartencafé direkt gegenüber der Kirche. An diesem Ort atmet schwedische Geschichte. Die nach einem Brand 1234 weitgehend neu errichtete Klosterkirche war Grablege einer mittelalterlichen Königsdynastie und weiterer schwedischer Großen. Die Klostergebäude selbst sind als vorbildlich erschlossener Ruinenpark südlich der Kirche zu besichtigen, ebenso ein kleines Klostermuseum.

Frühchristliche Funde in Kata Gård
Die Bedeutung des Ortes manifestiert sich zudem an den archäologischen Funden. Auf einem Hügel südöstlich der Klosterkirche fand man vor wenigen Jahren die Grundmauern einer der ältesten Steinkirchen Skandinaviens aus dem 11. Jahrhundert. Sie besaß einen hölzernen Vorgängerbau aus dem 10. Jahrhundert.
Der wikingerzeitliche Hof, zu dem die Eigenkirche einst gehört haben muss, trägt den Namen Kata Gård. Der umliegende christliche Bestattungsplatz mit rund 3000 Gräbern dokumentiert das frühe Auftreten des Christentums in Västergötland. Das Besucherzentrum, in das die Reste der Kirche integriert sind und das eine kleine Ausstellung beherbergt, ist frei zugänglich und auch für archäologisch nicht Interessierte eine Empfehlung.
Valle und Hornborgasjön
Kulturell und landschaftlich reizvoll ist auch die Umgebung von Varnhem. Nach Norden erstreckt sich ein 20 km langes Tal namens Valle, in dessen geradezu lieblicher Kulturlandschaft sich zahlreiche Seen und Naturreservate befinden. Vielfach grasen Schafe auf den hügeligen Weiden. Fast fühlten wir uns an Landschaften in Irland erinnert. Die schönsten Abschnitte befinden sich zwischen Varnhem und dem Dorf Eggby sowie zwischen den Dörfern Öglunda und Berg. Am besten erkundet man die Gegend mit dem Fahrrad oder per pedes auf den vielen Wanderwegen.
Südlich von Varnhem liegt der See Hornborgasjön. Er ist nicht nur bei Ornithologen beliebt, sondern zieht auch Archäologen an. Das Gräberfeld Ekornavallen beherbergt zahlreiche Zeugnisse und Monumente der Bronzezeit und der Steinzeit. Am bekanntesten ist das Megalithgrab Girommen aus der Jungsteinzeit.
Kinnekulle
Eine Vielzahl von Tafelbergen erheben sich aus der Västgöta-Ebene. Der bekannteste und attraktivste unter ihnen ist zweifelsohne der Kinnekulle am Ufer des Vänern zwischen den Städten Lidköping und Mariestad. Der 306 Meter hohe Berg wird von einem hölzernen Aussichtsturm bekrönt. Am Kinnekulle existieren zudem mehrere ehemalige Steinbrüche, die über Jahrhunderte hinweg das Material für die Steinbauten der Umgebung lieferten.
Erkunden sollte man die Gegend wandernd oder auf dem Fahrrad. Es existiert ein exzellenter Radrundweg, über den wir das alte Kulturland und die abwechslungsreiche Natur entdecken konnten. Unsere kulturhistorischen Tipps:
- Husaby mit seiner außergewöhnlichen romanischen Kirche ist einer der wichtigsten Orte der schwedischen Geschichte. Hier soll der schwedische König Olaf Skötkonung wahrscheinlich im Jahre 1008 getauft worden sein, was Husaby zu einem Zentrum der schwedischen Christianisierung macht. Wenige Jahre später entstand dann in Skara, mitten in Västergötland, das erste Bistum Schwedens.
- Die Herrenhäuser Hellekis und Råbäck am nordöstlichen Hang des Berges sind eingebettet in eine liebliche Wald- und Wiesenlandschaft, nahe am Ufer des Vänern. In Hellekis besteht die Möglichkeit, die Gartenanlagen zu besichtigen und in einem Gartencafé einzukehren.
- Das Dorf Västerplana besticht durch seine romantische mittelalterliche Kirche mit bemerkenswerter Ausstattung.

