Home / Alle Artikel / Kulturreise am östlichen Mälaren

Kulturreise am östlichen Mälaren

Posted on
Strängnäs - Hafen mit Windmühle
Yachthafen in Strängnäs mit Windmühle

Der Mälaren

Schwedische Sommeridylle

Laut Wikipedia wird (der) Mälaren – Schwedens drittgrößter See – ohne Artikel geschrieben. Daran kann ich mich nur schwer gewöhnen und auch viele andere Schreiber scheinen diesen Fehler bewusst oder unbewusst zu machen. Dabei möchte ich auch bleiben, wenn ich von unserer Tour im Juni 2018 an den Mälaren berichte. Wir befinden uns hier westlich der schwedischen Hauptstadt Stockholm rund 1000 km nördlich unserer Heimat.

Nicht zum ersten Mal durften wir erfreut feststellen, dass sommerliche Temperaturen um 25 Grad Celsius auch in diesen Breitengraden keine Seltenheit sind. Das sei nur deshalb erwähnt, weil wir angesichts unserer zahlreichen Reisen nach Schweden nicht selten gefragt werden, ob es denn dort nicht kalt sei. Nein, ist stets unsere erstaunte Antwort, zumindest die Sommer Süd- und Mittelschwedens entsprechen ungefähr denen der deutschen Ostseeküste.

Kultur und Natur im Einklang

Der Mälaren besticht durch seine zahlreichen Inseln und Halbinseln, die den See in unzählige große und kleine Buchten zerteilen. Das Dunkelgrün der Fichten und Kiefern wird entlang der Uferlinien immer wieder von den für Schweden typischen roten Holzhäusern durchbrochen. Beim Durchqueren der Region haben wir uns nicht einmal gefragt: Ist der hinter den bewaldeten Anhöhen blau schimmernde See ein Teil des Mälaren oder einer der unzähligen schwedischen Waldseen? Befinden wir uns noch auf Festland oder wieder auf einer Insel?

Der Mälaren ist zudem besonders reich an historischen Zeugnissen, stellt das Gebiet doch eine Kernregion schwedischer Geschichte dar. Besonders reizvoll ist es, sich durch die Landschaft treiben zu lassen und immer wieder unerwartet zwischen Wäldern und Wasser stattliche Herrenhäuser, Schlösser, Runensteine oder mittelalterliche Dorfkirchen aus Feldstein zu entdecken. Sie sind so zahlreich, dass es nicht opportun wäre, hier auf einzelne zu verweisen. Daneben gibt es sie aber auch: die Must-see-Orte! Von ihnen möchte ich vier vorstellen: Sigtuna, Skokloster, Mariefred und Strängnäs.

Sigtuna

Der kleinen malerischen Holzstadt an einem Fjord im Norden des Mälaren sieht man erst auf den zweiten Blick an, dass sie einst eine der bedeutendsten Städte Schwedens war. Der Bischofssitz wurde bereits im 12. Jahrhundert von Sigtuna nach Uppsala verlegt. Die zahlreichen Kirchen der Stadt verfielen mit dem Einzug der Reformation. Einzig die Dominikaner-Klosterkirche, ein Backsteinbau aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, blieb unversehrt und steht heute reizvoll am Rande der Altstadt in eine parkartigen Landschaft und den Friedhof eingebettet.

Äußerst stimmungsvoll präsentieren sich noch die Ruinen der drei Kirchen St. Olof, St. Lars und St. Per, die sich gemeinsam mit zahlreichen Runensteinen wie zufällig über das Stadtgebiet verstreuen. Beim Umherstreifen zwischen den Feldsteinmauern der Kirchen fühlt man sich eher in südliche Gefilde versetzt als in eine schwedische Kleinstadt.

Wärmstes zu empfehlen ist ebenso das Bummeln in der von bunten Holzhäusern und dem pittoresken Rathaus gesäumten Fußgängerzone. In lauschigen Höfen versteckt sich das eine oder andere gemütliche Café.  Bei sonnigem Wetter lockt eine 5 Kilometer lange Promenade entlang des Sees zum beschaulichen Spazieren. Diese Stadt vereint wie kaum ein anderer schwedischer Ort all das, was wir an Schweden schätzen: Kultur und Natur im Einklang. Das war nicht unser erster und sicher auch nicht der letzte Besuch in Sigtuna.

Skokloster

Skokloster, nur wenige Kilometer nördlich von Sigtuna, ist eingebettet in eine reizvolle Landschaft am Ende einer Halbinsel. An diesen Ort verirrt man sich nur, wenn man als Ziel die imposante frühbarocke Schlossanlage ins Auge nimmt, die ab der Mitte des 17. Jahrhundert hier errichtet wurde. Bauherr war niemand Geringeres als Carl Gustav Wrangel, schwedischer Feldherr im Dreißigjährigen Krieg. Der Bau ist eines der bedeutendsten und am besten erhaltenen Barockschlösser Skandinaviens. Äußerst erfreulich ist, dass man einen großen Teil des Schlosses und seine Räume nicht nur selbständig, sondern auch kostenlos erkunden kann. Die Räume beherbergen unter anderem ein Museum.

Skokloster - Schloss
Schloss Skokloster

Als ob dies nicht genug Anlass für einen Besuch wäre, so steht unweit des Schlosses idyllisch zwischen Obstbäumen die ehemalige Zisterzienserinnen-Klosterkirche, die dem Ort ihren Namen gab. Sie wurde Mitte des 13. Jahrhunderts errichtet und gehört zu den ältesten Backsteinbauten Schwedens.

Die malerische Kulisse beider Bauten kann man besonders eindrucksvoll vom Wasser aus bewundern. Skokloster ist auch per Boot zu erreichen. Ein eigener Bootsanleger steht für die mehrstündigen Bootsausflüge aus Stockholm oder Uppsala bereit.

Mariefred und Schloss Gripsholm

Mariefred ist ein kleiner pittoresker Ort am Südufer des Mälaren, der durch seine Holzbebauung und die Museumseisenbahn, die die älteste Schwedens darstellt, viele Besucher anlocken kann. Der wahre Star des Ortes ist jedoch das auf einer vorgelagerten Insel stehende Schloss Gripsholm. Es wurde ab 1537 unter Gustav Wasa an Stelle einer älteren Burg errichtet. Heute befindet sich im Schloss die Staatliche Porträtsammlung mit über 2000 Gemälden. Wir bevorzugtem bei sonnigem Wetter allerdings die Bewegung in den umgebenden Parkanlagen, die immer wieder zauberhafte Blicke auf die vieltürmige Anlage, das Wasser und den Ort frei geben.

Mariefred - Schloss Gripsholm
Schloss Gripsholm in Mariefred

In Deutschland ist Schloss Gripsholm im Zusammenhang mit Kurt Tucholsky bekannt, der in Schweden im Exil lebte und in Mariefred begraben ist. Tucholskys Roman „Schloß Gripsholm. Eine Sommergeschichte“ gehört zu seinen bekanntesten Werken.

Strängnäs

Strängnäs, nur wenige Kilometer von Mariefred entfernt, mag unter den vorgestellten Orten die geringste Bekanntheit besitzen – zumindest scheint dies außerhalb Schwedens so zu sein. Zu Unrecht, wie wir finden! Die Stadt besitzt einen festen Platz in der schwedischen Geschichte, der bis in die Gegenwart hineinwirkt. Am 6. Juni 1523 wurde Gustav Wasa hier zum schwedische König gewählt. Heute feiern die Schweden dieses Ereignis als Nationalfeiertag.

Strängnäs hat seinen Besuchern viel zu bieten: Die reich ausgestattete Domkirche, die als gotischer Backsteinbau mit ihrem markanten Turm über der Stadt thront, zahlreiche Straßenzüge mit historischer Holzbebauung und eine reizvolle Uferpromenade mit Yachthafen, über dem eine Windmühle aus dem Häusergewirr ragt. Nicht abschrecken lassen sollte man sich von der eher nüchternen Storgatan, die sich vom Hafen zum Dombezirkt zieht. Sie spiegelt nicht die anziehende Atmosphäre der Stadt wieder.

4 Kommentare zu “Kulturreise am östlichen Mälaren

  1. Deine Fotos und dein Artikel machen Lust auf mehr. Ich war zwar schon auf allen Kontinenten, aber in Schweden leider nur auf der Durchreise. Das ist aber auch schon 25 Jahre her. Danke, Damian.

    1. Danke für deine Worte, Roswitha. Schweden macht so viel liebenswert, dass ein paar Zeilen gar nicht reichen, es zu beschreiben. Wenn man sich erst einmal in dieses Land verliebt hat, dann lässt es einen nicht mehr los. Uns hat der Virus vor 25 Jahren infiziert.

  2. Vielen Dank für den interessanten Artikel – und noch eine kleine Anmerkung:

    Das „en“ am Ende von Substantiven der ostskandinavischen Sprachen steht für die bestimmte Form (beim Utrum, beim Neutrum steht hier -et), die wir im Deutschen durch Voranstellen des Artikels markieren, also „ein Haus/et hus“, aber „das Haus/huset“ (norw.).

    Analog wäre eigentlich auch „die Lofoten“ falsch – das bedeutet an sich „die Luchs-Pfote“ (nämlich: „lo fot en“, wohl wegen der Form der Inselgruppe, wobei im heutigen Norwegisch Luchs allerdings „gaupe“ und nicht mehr „lo“ heißt).

    In der Praxis kann man das aber komplett ignorieren, es würde ja auch niemand bei „Eldorado“ den Artikel weglassen, obwohl der im spanischen Wort schon vorhanden ist (el dorado – der Goldene).

    1. Hallo Stephan, das ist ja mal eine freudige Überraschung. Deine Ausführungen waren mir eigentlich bekannt, ich habe das aber in diesem Fall einfach nicht mit (dem) Mälaren in Korrelation gebracht. Jetzt, wo du es schreibst, fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Danke für die verständliche Erklärung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Top