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Kultur und Natur auf Bornholm

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Bornholm - Saxebro Mølle und Bauernhof
Saxebro Mølle und Bauernhof im Sonnenuntergang in der Nähe von Aakirkeby

Dänische Insel für Individualisten

Die dänische Insel Bornholm ist vielen Reisenden als Ort für Individualisten mit einem reichen Angebot an Naturattraktionen und Kleinoden der Kultur wie ihren Rundkirchen oder der Burgruine Hammershus bekannt. Wir können diese Begeisterung durchaus teilen, denn das Eiland verbindet skandinavische Gelassenheit mit dem dänischen Hygge. Bornholm präsentiert sich als die komprimierte Form von Dänemark und Schweden.

Dabei überrascht es, dass die Insel überhaupt dänisch ist. Schaut man sich eine Landkarte der Ostsee an, dann wird man schnell bemerken, dass Bornholm viel näher am schwedischen Festland liegt. Sogar Deutschland und Polen sind über den Seeweg schneller zu erreichen als das dänische Kernland. Wie kommt es zu dieser eigenartigen Konstellation? Die Antwort ist in der skandinavischen Geschichte des 17. Jahrhunderts verborgen. Nach langen kriegerischen Auseinandersetzungen musste Dänemark große Teile seiner Provinzen im Frieden von Roskilde 1658 an Schweden abtreten. Dazu gehörten auch die heutigen südschwedischen Provinzen Schonen, Halland und Blekinge. Nur auf der unweit in der Ostsee gelegenen Insel Bornholm widersetzte man sich und konnte tatsächlich die schwedischen Besatzer in die Flucht schlagen. In einem separaten Frieden verblieb die Insel schließlich bei Dänemark.

Bornholm - Ziege an der Klippe
Überraschung an der Klippe: eine Ziege lässt sich das Gras schmecken

Die Natur

Vielfalt auf engstem Raum

Die Natur auf Bornholm ist so abwechslungsreich, wie man es auf einer Insel eines Durchmessers von nur 40 km kaum erwarten würde. Dafür ist nicht zuletzt auch die letzte Eiszeit verantwortlich. Das Spektrum reicht von kilometerlangen feinsandigen Stränden und Dünenlandschaften über tiefe romantische Wälder und wilde Spaltentäler bis zu zerklüfteten Klippen und Steilküsten, die man eher in Irland vermuten würde.

Bornholm - Steilküste bei Hammershus
Steilküste bei der Burgruine Hammershus im Abendlicht

Neben dem Inselrundweg, der immer eng entlang der Küste angelegt ist und stetig den Blick auf das endlose Wasser der Ostsee freigibt, durchzieht ein engmaschiges Netz an Wanderwegen jeden Winkel Bornholms. Kein Stein, kein Fischerdorf, kein Spaltental, das nicht auf diese Weise erkundet werden kann! Doch auch als Fahrradfahrer kamen wir auf unsere Kosten: Zahlreiche gut ausgebaute Radwege führen von Küstenort zu Küstenort und erschließen auch das Landesinnere. Doch Vorsicht: Bornholm ist keine Insel für flache Küstentouren. Das stetige Auf und Ab mit zum Teil sehr kräftigen Steigungen ist gerade für diejenigen, die noch nicht auf Unterstützung durch einen E-Motor setzen, eine wirkliche Herausforderung.

Bornholm - Gudhjem
Blick auf Gudhjem

Die Klippen und Steilküsten des Nordens

Geradezu spektakulär präsentiert sich der Norden der Insel. Steile Klippen, gegen die das stürmische Wasser peitscht, bilden den Rand der Insel und ein Paradies für brütende oder jagende Vögel, vor allem Möwen und Kormorane. Der Abschnitt beginnt nördlich von Hasle an der westlichen Küste und endet an der nordöstlichen Küste bei Gudhjem. Manch pittoreskes Fischerdorf wie zum Beispiel Vang ist hier fast in den Steilhang geschlagen.

Der Wanderweg rund um die Insel führt in vielen Fällen direkt an der Abbruchkante entlang. Von ihm zweigen immer wieder Stichwege ab, die an einzigartigen Aussichtspunkten enden oder über eine steile Holztreppe an den Fuß der Klippen führen. Viele Felsen tragen malerische Namen. Besonders dramatisch wirkt die Situation bei Jons Kapel südlich von Vang an der Westküste und rund um die Helligdomsklipperne an der Nordostküste. Wer nicht unter Platzangst leidet, kann an letzterer sogar in eine Grotte, die Sorte Gryde, steigen.

Rund um Hammeren

Unser spezieller Tipp ist eine mehrstündige Wanderung rund um die Nordspitze Bornholms, die Landzunge Hammeren. Ein wunderbarer Ausgangspunkt ist die Burgruine Hammershus sein, die sich hoch über der Ostsee erhebt. Wir umrunden diese zwischen dem steilen Felsen, der rechts von uns aufragt und dem tosenden Meer links von uns, bis wir schließlich Hammerhavn, einen Hafen ohne dazugehörige Siedlung, erreichen. Er wurde Ende des 19. Jahrhunderts zur Verschiffung von unweit abgebautem Granit angelegt. Für die leibliche Stärkung gibt es hier dennoch genügend Angebote.

Bornholm - Ausblick auf Hammeren
Ausblick von Hammershus auf die Landzunge Hammeren

Von hier aus kann man entweder bequem den weiteren Küstenwanderweg wählen oder sich für den etwas anstrengenderen Aufstieg direkt über die Höhen der felsigen Landzunge entscheiden. Letzterer belohnt uns mit grandiosen Ausblicken über die raue Landschaft. Zunächst kraxeln wir an der Abbruchkante des Opalsees entlang, der im alten Steinbruch entstand, bevor wir den Leuchtturm von Hammeren auf dem höchsten Punkt der Landzunge erreichen und diesen auch besteigen.

Der weitere Weg führt absteigend wieder auf die Route des Küstenwanderwegs. Als Kuriosum passieren wir Salomons Kapel, die Ruine einer mittelalterlichen Kirche aus dem 14. Jahrhundert, die hier abseits jeder Zivilisation die Kulisse für die frei laufenden Kuhherden bildet. Den nördlichsten Punkt Bornholms markiert schließlich der Leuchtturm Hammerodde. Nicht viel später erreichen wir den Badeort Sandvig mit seinem schon von weitem sichtbaren Sandstrand. Den letzten Abschnitt der Wanderung treten wir entlang des tiefblauen Hammersees (Hammersø) an. Der größte See auf Bornholm ist ebenfalls von felsigen Steilwänden eingerahmt.

Waldlandschaften und Spaltentäler

Die Mitte der Insel wird von tiefen Wäldern beherrscht, dem Almindingen. Für einfache, spannende Wanderungen bietet sich vor allem der äußerste Osten mit seinen großflächigen Heideflächen an, die umgeben werden von endlosen Nadelwäldern. Diese Gegend wird auch als  Paradisbakkerne (Paradieshügel) bezeichnet. Immer wieder stößt man auf gewaltige Felsbrocken, die die Eiszeit hier hinterlassen hat. Wildromantisch ist vor allem der kleine Grydesø mitten in den Wäldern. Übrigens: Schon einmal Bisons in ihrer natürlichen Umgebung erlebt? Im Almindingen ist das möglich.

Noch eindrucksvoller präsentiert sich vielleicht nur noch die Gegend rund um das Ekkodalen (Echotal). Diese Spaltentäler, die wie tief in die Landschaft eingeschnittene Canyons wirken, finden sich in sehr großer Anzahl auf ganz Bornholm. Sie sind Resultat tektonischen Drucks, durch den das Gestein aufriss. Das Echotal stellt das beeindruckendste Beispiel dieser Art auf Bornholm dar. Es ist zwölf Kilometer lang und bestens geeignet, seiner Stimme ein Echo zu geben. Ein Rundweg führt durch die Wälder der Umgebung, wobei auch die Reste zweier überwucherter mittelalterlicher Burganlagen, der Lilleborg und der Gamleborg, passiert werden. In der Abgeschiedenheit des Inselinneren haben wir solche Anlagen nicht erwartet.

Bornholm - Lilleborg
Lilleborg in den Wäldern von Almindingen

Sandstrände und Dünen

Ganz anders präsentiert sich wiederum der Süden Bornholms, der vergleichsweise flach daherkommt. Zwar kann man auch im Norden vereinzelt auf sandige Badebuchten stoßen, doch das Badeparadies der Insel sind die feinsandigen Strandabschnitte zwischen Rønne im Südwesten und Nexø an der Ostküste. Höhepunkt und damit touristisch am meisten beansprucht sind die Strände rund um Sømarken, Dueodde, Snogebæk und Balka im äußersten Südosten der Insel. Dueodde besteht im Grunde genommen aus weit verstreuten Ferienhaussiedlungen in Kiefernwäldern, die sich hinter einem breiten Dünengürtel ausdehnen. Hier wirkt die typische Ferienhausidylle, wie man vor allem von der dänischen Nordseeküste kennt.

Bornholm - Strand bei Dueodde
Strand und Dünen bei Dueodde

Die Kulturlandschaft

Ortschaften und Fischersiedlungen

Bornholm bietet unzählige kleine pittoreske Ortschaften mit typisch dänischen Straßenzügen aus bunten traufständigen Häusern, die nicht selten auch in Fachwerk ausgeführt sind. Insbesondere in den Fischersiedlungen kann man noch häufig Reetdächer antreffen. Letzteres ist noch sehr hübsch in Bølshavn im Nordosten der Insel anzuschauen.

Bornholm - Altstadt Rønne
Gassen in der Altstadt von Rønne

Auch Rønne als Hauptort und einzige Stadt der Insel, die diese Bezeichnung wirklich verdient, besitzt noch malerische Straßenzüge, wenn man sich ein wenig außerhalb des Geschäftszentrums auf die Suche macht. Hier lohnt es sich vor allem in der südlichen Altstadt zwischen Nikolaikirche, Söndergade und dem Lilletorget, dem kleinen Markt, auf Erkundung zu gehen. Aber auch in der nördlichen Altstadt rund um den Erichsens Gård, einem 1806 errichteten und heute als Museum eingerichteten Stadthof, lassen sich viele hübsche Gassen mit rosengesäumten Hausfassaden entdecken. Bereits außerhalb der Altstadt liegen Zeugnisse des Vorhabens, die Stadt im späten 17. Jahrhundert als Festung auszubauen. In einem Kiefernwäldchen stehen ein runder Batterieturm und das Magazin, in dem ebenfalls ein Museum eingerichtet ist.

Einige der größeren Fischerorte haben sich zu Touristenmagneten entwickelt, ohne dabei ihren Charme mit ihren vielen bunten Häusern zu verlieren. Mit von der Partie sind immer zahlreiche Räuchereien, die man anhand ihrer markanten Kaminkonstruktionen erkennen kann. Mittelpunkt der Orte ist meist ein pittoresker Hafen, um den sich in den Sommermonaten ein quirliges Treiben einstellt. Am besten gefiel uns in diesem Zusammenhang der Ort Gudhjem, nicht zuletzt auch aufgrund seiner von Klippen eingerahmten Lage. Einladend und immer einen Besuch wert sind auch Allinge, Svaneke und Snogebæk, allesamt an der Nordost- bzw. Ostküste Bornholms gelegen. Weniger reizvoll erscheinen dagegen Nexø und Aakirkeby – letztere ist die einzige größere Ortschaft im Inselinneren.

Rundkirchen und die mittelalterliche Kirchenbaukunst

Bekannt ist Bornholm vor allem für seine Rundkirchen. Insgesamt vier davon sind auf der Insel erhalten, wie sonst in keiner Region Europas auf so engen Raum. Im Einzelnen sind das die Dorfkirchen von Olsker (Skt. Ols Kirke), Østerlars, Nyker (Ny Kirke) und Nylars. Dieser Typus romanischer Kirchenbaukunst ist sehr selten anzutreffen, findet sich aber vereinzelt auf dänischem und südschwedischem Territorium. Die Bornholmer Kirchen besitzen gemeinsame spezifische Eigenschaften. Dazu gehört vor allem der gewaltige Rundpfeiler, der das Gewölbe des kreisförmigen Gemeinderaums trägt, an den sich im Osten der Chor mit Apsis anschließt. In Østerlars besitzt dieser einen so gewaltigen Durchmesser, dass er selbst wiederum betretbar ist.

Die Möglichkeit, durch einen schmalen Gang in der Mauerstärke in die Obergeschosse der Kirchen zu gelangen, deutet darauf hin, dass die Bauten zumindest als Zufluchtsorte genutzt werden konnten. Wahrscheinlich hatten sie sogar wehrtechnische Bedeutung bei der Verteidigung der Insel. Sie sind für Bornholm so charakteristisch wie die in die Friedhofsmauer einbezogenen, querrechteckigen Glockentürme, die selbst dort anzutreffen sind, wo die Kirchen über einen Westturm verfügen. Dadurch entsteht häufig der Eindruck einer mittelalterlichen Kirchenburg.

Doch auch abseits der Rundkirchen existiert eine Reihe bemerkenswerter romanischer Dorfkirchen mit zum Teil reicher Apsisgliederung und einladenden Innenräumen. Unsere Auswahl hierzu sind Ruts Kirke, Skt. Ibs Kirke, Skt. Bodil Kirke, Skt. Peders Kirke sowie die Skt. Povls Kirke. Wie in Dänemark üblich liegen sie außerhalb der Dörfer und sind daher häufig als Landmarken schon von weitem sichtbar. Eine Ausnahme macht die mitten im Dorf gelegene Kirche von Aakirkeby. Der durch seine Staffelgiebel am Turm markante Bau war einst die Hauptkirche Bornholms.

Burgruine Hammershus

Hammershus ist mit Abstand die bedeutendste kulturelle Sehenswürdigkeit auf Bornholm. Dabei liegt die imposante Burgruine, die zu den größten Skandinaviens zu zählen ist, auch landschaftlich äußerst attraktiv in dem hügeligen Gelände südlich der Landzunge Hammeren. Besonders spektakulär präsentiert sich die Westseite, wo die Felsen über 70 Meter in die Ostsee abstürzen. Seite einigen Jahren existiert ein gelungenes Besucherzentrum mit einer kleinen Ausstellung zur Burg, dem obligatorischen Souvenirladen und einem gastronomischen Angebot. Von hier hat man den besten Blick auf den Burgberg.

Bornholm - Hammershus
Burgruine Hammershus mit der Ostsee im Rücken

Es war der Bischof von Lund, der sich hier in der Mitte des 13. Jahrhunderts diesen Stützpunkt aus Feld- und Backstein für die Herrschaftsfestigung auf der Insel erbaute. Ab 1525 war die Burg für viele Jahrzehnte als Pfand in Lübecker Besitz, wobei sie nochmals ausgebaut wurde. Spätestens im 18. Jahrhundert verlor sie auch aufgrund der fortschreitenden Waffentechnik ihre Funktion und verfiel nach und nach. Das Gelände mit der Vorburg betreten wir über eine mittelalterliche Brückenkonstruktion, ehe wir nach einem Aufstieg die 750 Meter lange, mit Toren, Türmen und Wirtschaftsgebäuden besetzte Ringmauer erreichen. Dort angekommen überrascht die Größe der Freifläche, innerhalb derer sich die innere Burg mit dem mächtigen Donjon (Wohnturm) und der Burgkapelle befindet.

Bornholm - Hammershus, innere Burg
Die innere Burg von Hammershus

Das weitläufige Burgareal ist ohne zeitliche Einschränkung – ja, auch nachts – kostenlos betretbar, kann also auch für das Genießen romantischer Sonnenuntergänge oder ein Familienpicknick genutzt werden. Rechnen muss man nur mit einer lustigen Ziegenherde, die stetig die altehrwürdigen Mauern der Burganlage umstreift. Mit ihr und der deutschen Führung, die gelegentlich angeboten wird, hatten wir viel Spaß. Jetzt heißt es, sich bei den Erkundungen in der Ruine nicht zu verlaufen und die vielfältigen Aussichtspunkte zu genießen!

Sehnsuchtsinsel Bornholm

Ich würde meinen, mit dem Höhepunkt Hammershus haben wir einen würdigen Abschluss unserer kleinen Rundfahrt über Bornholm gesteckt. Dabei sind es nicht die spektakulären Sehenswürdigkeiten, die die dänische Insel so anziehend machen. Vieles konnte hier in der Kürze gar nicht zur Sprache gebracht werden. So sind wir auf unseren Erkundungen an unzähligen reetgedeckten Vierseithöfen vorbeigekommen. Sie sind für Bornholm prägend und beheimaten manchmal ein uriges Landcafé oder ein Antiquariat zum Herumstöbern.

Es sind die vielen Entdeckungen und Attraktionen im Kleinen, es ist die skandinavische Gelassenheit, die diesen Ort zum Sehnsuchtsort für viele Reisenden macht. Es ist die Vielfalt der Landschaft, die es nie langweilig macht, die Insel zu erkunden. Es ist das Gefühl, nie in einem touristischen Hotspot zu verweilen und die Seele baumeln lassen zu können, ohne dabei auf etwas verzichten zu müssen. Wir haben uns verliebt in den Charme der Insel und werden garantiert wieder kommen. Als leidenschaftliche Skandinavienreisende haben wir das auch nicht anders erwartet.

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