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Das Ruhrtal am Hengsteysee
Darf man es als Geheimtipp bezeichnen? Auf jeden Fall ist das Areal auf dem Syberg hoch über dem Ruhrtal ein historischer Ort, den man hier in dieser Form in der Peripherie Dortmunds mitten im Ruhrgebiet nicht erwarten würde. Auch geht an dieser Stelle das in weiten Teilen flache Industriegebiet in die Ausläufer des bergigen Sauerlandes über und lässt die Reisenden sich in einer gänzlich anderen Region wähnen.
Wer sich allerdings von dem Großparkplatz mit dem am südlichen Ende stehenden Casinobau aus den 80er Jahren nicht abschrecken lässt, der wird mit viel Historischem und Naturschönheiten belohnt. Entlang des ältesten der sechs Ruhrstauseen – dem Hengsteysee als Zeugnis der industriellen Entwicklung der Region – führen einladende Rad- und Wanderwege ins benachbarte Herdecke.
Die Hohensyburg in der mittelalterlichen Geschichte
Die exponierte Lage über dem Zusammenfluss von Lenne und Ruhr führte bereits frühzeitig zu einer befestigten Siedlungsanlage. Eine sächsische Wallburg wurde urkundlich 775 durch die Franken unter dem Karolinger Karl dem Großen erobert. Die Geschehnisse waren somit Teil der langen Auseinandersetzung zwischen heidnischen Sachsen und christlich getauften Franken, an deren Ende die Christianisierung der Sachsen stand. Das war der Grundstein für ein späteres ostfränkisches Reich, aus dem wiederum das erste Deutsche Reich hervorging unter der Führung der – Ironie der Geschichte – sächsischen Ottonen.
Aber damit greifen wir in der Geschichte zu weit vor und aus. Die Hohensyburg ist in der Folge der karolingischen Eroberung umgestaltet worden. Sichtbare bauliche Reste finden sich jedoch erst aus der Zeit des 12. Jahrhunderts, als die Höhenburg der Kölner Erzbischöfe Teil des Landesausbaus wurde. 1235 werden hier erstmals die Herren von Syburg als kölnische Ministerialen bezeugt, die die Burg bis nach 1500 bewohnten. Von der dann verfallenden Anlage sind Ruinen des Palas und zwei Bergfriede in einer parkartigen Landschaft mit wundervollem Ausblick auf das Ruhrtal erhalten.
St. Peter in Syburg
Auch eine frühe karolingische Kirche ist für das Jahr 776 bezeugt. Ihr romanischer Nachfolgebau des 12. Jahrhunderts mit gotischem Chor prägt die Szenerie mit ihrem markanten Turm an diesem geschichtsträchtigen Ort noch heute. Dass die Kirche einst in der Vorburg der Hohensyburg stand, wird durch die frevelhafte Anlage des Casino-Parkplatzes, der Burg und St. Peter trennt, auf den ersten Blick nicht mehr ersichtlich. Auch ist die Kirche, die im Mittelalter zugleich als Wallfahrtsort diente, im Zweiten Weltkrieg beschädigt und danach das romanische Langhaus leider in veränderter Form wiederaufgebaut worden.
Und dennoch zeigt sich die erhöht liegende Anlage würdevoll inmitten eines historischen Friedhofs, den man in dieser Form nur sehr selten antrifft. Einige Grabsteine bezeugen Bestattungen an diesem Ort bis in karolingische Zeit zurück. Insbesondere die Gestaltung der Grabstein in der frühen Neuzeit vom 16. bis zum 18. Jahrhundert lässt sich an zahlreichen Exemplaren nachvollziehen. Die Totenstätte, die 1880 geschlossen wurde, strahlt dadurch eine ganz eigene Atmosphäre aus, die so gar nicht in das gängige Bild des Ruhrgebiets passen möchte.
Spuren von Kaiserzeit und Nationalsozialismus
Es verwundert daher nicht, dass der Nationalstolz der Kaiserzeit diesen Ort im besonderen Maße verklärte. 1893 bis 1902 entstand auf einer Terrasse ein monumentales Kaiser-Wilhelm-Denkmal zu Ehren Wilhelms I. Der Nationalsozialismus vereinnahmte den Syberg ebenfalls und gestaltete das Denkmal neu. Heute präsentiert es sich mit dem Reiterstandbild des Kaisers und den Standbildern Otto von Bismarcks und des Generalfeldmarschalls Helmuth von Moltke als umgedeutetes Denkmal für die Reichsgründung 1871.
Auch die Burgruine selbst ist im 19. und 20. Jahrhundert zum Ort der Verehrung umfunktioniert worden. Unmittelbar westlich der Anlage ist bereits 1857 mit dem neugotischen Vincketurm ein Aussichtsturm für das wachsende bürgerliche Interesses an der Hohensyburg errichtet worden. Er entstand zu Ehren des ersten preußischen Oberpräsidenten für Westfalen Ludwig von Vincke. Unmittelbar in den Mauern der Burg stellten die Nationalsozialisten ein Kriegerdenkmal auf.
Der Syberg rund um die Hohensyburg wird damit zu einem Gesamtdenkmal, das Phasen der deutschen Geschichte seit sächsischer und karolingischer Zeit bis ins 20. Jahrhundert abbildet. Zugleich finden sich im Naturschutzgebiet Ruhrsteilhänge Hohensyburg zahlreiche Spuren des Bergbaus, der hier bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann und somit Einblick in die frühe Industriegeschichte der Region gewährt.