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Osnabrücker Industriekultur am Piesberg

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Piesberg
Steinbruch am Piesberg

Der Piesberg und der Bergbau

Der Piesberg ist der Hausberg der Stadt Osnabrück. Er erhebt sich weit sichtbar fast 200 Meter aus der Ebene und liegt am Nordrand der Stadt zwischen den Ortschaften Pye (Stadt Osnabrück) und Lechtingen (Gemeinde Wallenhorst). Seine Entstehung verdankt der Piesberg einer geologischen Anomalie. Der Bergbau an diesem Ort geht bis ins Mittelalter zurück. 1461 nennt eine Quelle erstmals einen „Kohlenbrecher“. Ab 1568 betrieb die Stadt Osnabrück die Kohlegruben. 1868 wurde der Abbau der Kohle mit dem technischen Fortschritt unter Tage gelegt. Die Stilllegung der Zeche erfolgte bereits 1898, nachdem mehrfach Wassereinbruch den weiteren Betrieb unrentabel erscheinen ließ.

Haseschachtgebäude am Piesberg um 1874
Haseschachtgebäude am Piesberg um 1874

Neben dem Kohleabbau diente der Piesberg bis ins 20. Jahrhundert hinein als Steinbruch, der zeitweise zu den größten Mitteleuropas gehörte. Abgebaut wurden (und wird noch in kleinem Rahmen) hochwertiger quarzitischer Sandstein, der viele Bauten des Osnabrücker Landes prägt. Dadurch erinnert die heutige Gestalt des Berges an einen Vulkan: außen mit steilen, bewaldeten Hängen, mittig ein riesiger Krater. Ein Rundwanderweg erschließt den Kultur- und Landschaftspark Piesberg, der in den letzten Jahren durch ein langfristiges Entwicklungskonzept deutlich an touristischer Attraktivität gewonnen hat auch zukünftig weiterentwickelt wird.

Das Museum Industriekultur im Haseschachtgebäude

Wichtigste Station des Kultur- und Landschaftsparks ist das Museum Industriekultur Osnabrück, das im Haseschachtgebäude angesiedelt ist. Schwerpunkte der Dauerausstellung sind:

  • der Piesberg als Kultur- und Naturlandschaft
  • Geologie
  • die Geschichte des Bergbaus am Piesberg
  • die frühe Industrialisierung Osnabrücks

Das Themenspektrum wird auf mehreren Ebenen anhand von Ausstellungsobjekten, historischen Fotos, Schriftquellen und Filmbeiträgen, angeordnet in speziellen Regalsystemen, anschaulich vermittelt. Weniger gefiel mir, dass Texte, ohne die das Gesehene meist nicht eingeordnet werden kann, fast ausschließlich über ein äußerst umfangreiches Schubladensystem zugänglich sind. Was sich hinter den einzelnen Schubladen verbirgt, ist für den Interessierten nicht erkennbar, so dass die Informationssuche phasenweise zu einer Schubladenöffnungsorgie ausartete. Zudem erschließt sich der Kontext des Schubladeninhalts zu den darüber befindlichen Objekten nicht in jedem Fall.

Einen besonderen Höhepunkt erwartet den Besucher am Ende seines Museumsrundganges, falls er sich dazu entschließt, das Haseschachtgebäude durch einen alternativen Ausgang zu verlassen. Ein Fahrstuhl führt in 30 Meter Tiefe, wo man einen historischen Stollen betritt, der 300 Meter lang Richtung Süden führt. Das Tageslicht erblickt man auf einem Gelände mit weiteren historischen Zechengebäuden, die heute als Museumsmagazin und Ausstellungshalle für Sonderausstellungen dienen. Unmittelbar dahinter befindet sich der Piesberger Zechenbahnhof.

Museumsstollen
Museumsstollen im Museum Industriekultur

Rundwanderweg Piesberg

Den rund acht Kilometer langen Rundweg beginnen wir am Haseschachtgebäude am südwestlichen Hang des Piesberges. Er führt an mehreren Aussichtsplattformen vorbei, die spektakuläre Ausblicke in den Steinbruch, auf den Piesberg, die Stadt Osnabrück oder die Landschaft des Osnabrücker Landes bieten. Ich empfehle, den Weg im Gegenuhrzeigersinn zu gehen. So gelangt man schneller und zielsicher zu den Höhepunkten entlang der Route. Der Aufstieg zum Aussichtsturm auf der sogenannte Felsrippe erfolgt über den Südstieg, einer steilen Treppenpassage, die Wanderern durch einen erdgeschichtlichen Erlebnispfad versüßt wird.

Haseschachtgebäude
Das Haseschachtgebäude mit dem Museum Industriekultur

Die Feldbahn

Zuerst aber erreicht man gleich nach dem Überqueren der Straße am Museum den Bahnhof „Am Haseschacht“ der Piesberger Feldbahn. Sie war seit etwa 1880 das Transportmittel für das Gestein in den Steinbrüchen am Piesberg – zunächst mit Pferde- oder Handbetrieb. Ab 1912 kamen Benzolloks, bald nach dem Zweiten Weltkrieg dann Dieselloks zum Einsatz. Die Einstellung der Feldbahn erfolgte in den 1960er Jahren. Heute ist sie als touristische Attraktion mit Personenverkehr wiederbelebt. Die Schienenstrecke vom Haseschacht zum Fuß des Südsteigs ist jüngst um eine westliche Schleife in ihrer Länge mehr als verdoppelt worden. Damit kann man nun bis zum Stüveschachtgebäude am Nordhang des Piesberges fahren.

Archäologische Stätten

Archäologen werden jetzt wahrscheinlich protestieren, denn die angepriesenen archäologischen Stätten sind im engeren Sinne gar keine. Der Knieanbetungsstein am Osthang des Piesberges zeichnet sich durch vier auffällige Mulden aus, die als Knieabdrücke interpretiert werden könnten. Ob der Stein aber wirklich mit germanischen Kulthandlungen in Verbindung steht, ist archäologisch nicht zu verifizieren.

Ähnlich verhält es sich mit den Johannissteinen an der Nordflanke des Berges. Die markanten Felsformationen nährten immer wieder Gerüchte um einen heidnischen Kultplatz. Insbesondere in den 1920er und 1930er Jahren wurden die Steine von Hobbyforschern als astronomisches Zentrum oder germanisches Heiligtum gedeutet, zumal 1929 Einmeißelungen auf der Felsplatte entdeckt wurden. Es verwundert daher nicht, dass der Ort in der NS-Zeit ideologisch missbraucht wurde. Erst Jahrzehnte später stellten sich die Spuren als Fälschungen heraus.

Johannissteine
Die Johannissteine am Piesberg

Der Stüveschacht und der Piesberger Zechenbahnhof

Das 1889 errichtete Stüveschachtgebäude am Nordhang ist neben dem Haseschachtgebäude das zweite seiner Art am Piesberg. Der Schacht erschloss die tieferliegenden Flötze mit hochwertiger Anthrazitkohle. Das Gebäude liegt heute romantisch eingebettet in waldreicher Umgebung und wird seit einigen Jahren von einem Förderverein restauriert und wieder zugänglich gemacht.

Auch wenn damit der Rundwanderweg seine letzte Attraktion offenbart hat, so lohnt sich abschließend der Abstecher zum Piesberger Zechenbahnhof, der sich unmittelbar südlich des Zechenareals mit dem Museumsmagazin und der Ausstellungshalle befindet. Der Bahnhof und die Anschlussbahn nach Eversburg zur Staatsbahnstrecke wurden zwischen 1856 und 1867 errichtet. Das Bahnhofsgelände dient heute dem Verein der Osnabrücker Dampflokfreunde für das Abstellen ihres historischen Fuhrparks. Bei Veranstaltungen auf dem Zechengelände finden regelmäßig Museumsfahrten statt.

Zukunftsvision

Man darf gespannt sein, wie sich der Piesberg in Zukunft entwickeln wird. Vieles von dem, was das Entwicklungskonzept bis 2030 als Vision vorgibt, ist bereits umgesetzt. Dadurch wird dem Besucher ein spannender Mix aus industriekulturellem Erbe und Naturerlebnis präsentiert. Insbesondere durch den Ausbau einer Wasserpromenade mit Anlegestelle im Piesberger Hafen, der sich südlich an den Zechenbahnhof anschließt, könnte der Kultur- und Landschaftspark Piesberg weiter an Attraktion hinzugewinnen.

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