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Ora et labora – Klosterkultur in Dalheim

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Kloster Dalheim
Blick auf das Kloster Dalheim über das Tal des Piepenbachs

Stiftung Kloster Dalheim

Die im Paderborner Land gelegene Klosteranlage Dalheim würde wohl weiterhin in einem Dornröschenschlaf verweilen, wenn der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) nicht 2004 beschlossen hätte, hier ein Museum für Klosterkultur einzurichten und kurz darauf die Stiftung Kloster Dalheim zu gründen. Eingebettet in eine reizvolle Landschaft erzählt dieser Ort seitdem die wechselvolle Geschichte einer klösterlichen Gemeinschaft, die sich vom 12. bis zum 19. Jahrhundert erstreckte. Dies geschieht im Rahmen einer außergewöhnlich vollständigen mittelalterlichen und frühneuzeitlichen baulichen Überlieferung, die vor allem das Wirtschaftsleben einer derartigen Klosteranlage einbezieht. Bei der Rekonstruktion der barocken Gartenanlagen half nicht zuletzt ein detailreiches Gemälde aus der Zeit um 1740.

Kloster Dalheim um 1740
Das Kloster Dalheim in einem detailreichen Gemälde um 1740

Klostergeschichte

Von der Pfarrkirche zum Frauenkonvent

Aber blicken wir zunächst über 800 Jahre in die Vergangenheit, in die Frühzeit des Klosters. Schon zuvor, nämlich seit karolingischer Zeit ist hier im Tal des Piepenbachs eine dörfliche Siedlung mit einer Pfarrkirche bezeugt, die in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts als Steinkirche erneuert wurde. Die Fundamente dieses Baus sind auf dem Klostergelände freigelegt. Es handelte sich dabei um eine typische romanische Dorfkirche aus Saal, eingezogenem Chor und runder Apsis.

Ein Frauenkonvent siedelte sich hier schließlich in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts an. Urkundlich bezeugt ist es 1196, doch muss die Gründung bereits zuvor erfolgt sein. In diesem Kontext ist die Pfarrkirche für den neuen Zweck umgebaut worden und erste Konventsgebäude entstanden. Die kleine Dalheimer Klostergemeinschaft wurde gegen Ende des 14. Jahrhunderts aufgegeben. Die Klostergebäude verfielen.

Kloster Dalheim - Pfarrkirche
Blick über das Klostergelände mit den Fundamenten der alten Pfarrkirche im Vordergrund, im Hintergrund Mühle und Klausur sowie Teile des Wirtschaftshofes

Neubeginn unter Augustiner-Chorherren

1429 vergab der Kölner Erzbischof Dietrich die ruinösen Bauten und das Gelände an die im nahen Böddeken siedelnden Augustiner-Chorherren. Damit endete auch die Siedlungsgeschichte des Dorfes Dalheim. 1452 wurde das Kloster in die Windesheimer Kongregation aufgenommen, einer klösterlichen Reformbewegung innerhalb der Augustiner-Chorherren. Eine neue großzügige Klosteranlage wurde auf einer Anhöhe westlich der älteren errichtet. 1470 konnte der Hochaltar des Gotteshauses geweiht werden. Um 1484 waren die Arbeiten abgeschlossen. Was folgte, war eine wirtschaftliche Blüte des Klosters.

Kloster Dalheim - Klosterkirche und Klausur
Klosterkirche und Klausur der Augustiner-Chorherren aus dem späten 15. Jahrhundert

Erst lange nach dem Dreißigjährigen Krieg erlebte das Chorherrenstift unter Prior Bartholdus Schonlau (1708 bis 1730) eine erneute Blüte. In dieser Zeit erfuhr die Klausur umfangreiche barocke Umbauten. Darüber hinaus wurden alle älteren Wirtschaftsgebäude abgerissen und durch großzügige Neubauten ersetzt. Das Ende des Klosterlebens erfolgte wie an so vielen Orten mit der Säkularisation im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses im Jahre 1803. Danach wurde Dalheim zur staatlichen Domäne.

Das Gelände und die Klosterbauten

Die Klostergärten

Wir betreten das Klostergelände durch die barocke Orangerie und stehen bereits im langgestreckten Prälaturgarten, der unmittelbar an die Klostermauer mit einem kleinen Gartenhaus grenzt. Wir umschreiten zunächst die Kirche mit den Klausurbauten. Unser Weg führt vorbei am Aposteltor in den weitläufigen Konventgarten. Letzterer erstreckt sich über drei Geländestufen südlich der Klausur mit einer zentralen Terrasse, auf der eine Brunnenanlage für Abkühlung sorgt. Die barocke Gartenkunst orientiert sich an entsprechenden herrschaftlichen Anlagen jener Zeit.

Kloster Dalheim - Prälaturgarten
Prälaturgarten mit Orangerie und Gartenhaus

Den Besuchern wird hier detailreich die Bedeutung der Klostergärten für die eigene Versorgung und die Wirtschaft eines Klosters aufgezeigt. In ihm wurden Nutzpflanzen, Heilpflanzen und seit der frühen Neuzeit auch Zierpflanzen angesiedelt. Doch klösterliche Gärten dienten auch der Meditation und Kontemplation, so dass auch Pflanzen der christlichen Symbolik wie die Rose, die Lilie oder die Nelke zu finden waren. Der Klostergarten wurde auf diese Weise zur Schule des Glaubens.

Das Kloster Dalheim besaß übrigens noch einen weiteren Garten, den Meiereigarten, der sich nördlich des Wirtschaftshofes hinter der Meierei befand. Er war ein reiner Nutzgarten mit Obst- und Gemüseanbau. Heute weiden hier Ziegen und Schafe. Die Schafzucht und der damit verbundene Wollhandel waren übrigens ein wichtiges Standbein der Klosterwirtschaft.

Der Wirtschaftshof

Wir schreiten bergab und erreichen die Wirtschaftsbauten des Klosters, die überwiegend zu Beginn des 18. Jahrhunderts entstanden sind. Zum Wirtschaftshof gehören zwei Schafställe, die Zehntscheune, die Meierei sowie die Ackerbergscheune, die Pferde und das Ackergerät beherbergte. Das Milchvieh fand dabei in der Meierei Platz. Bemerkenswert sind die enormen Ausmaße der Gebäude, die von der Wirtschaftskraft des Klosters im 18. Jahrhundert zeugen.

Weiterhin sind eine Wassermühle, eine Schmiede und ein Teich zu sehen. Die Fischzucht spielte nicht nur in Dalheim eine wichtige Rolle in der klösterlichen Wirtschaft. Davon zeugen weitere Teiche im Tal des Piepenbachs und zwei ehemalige Teiche im Konventgarten. Die Schmiede stammt wahrscheinlich bereits aus dem 17. Jahrhundert – das angrenzende Geflügelhaus ist jünger. In ihr ist eine vollständig eingerichtete Werkstatt zu sehen. Das Mühlengebäude wurde erst 1871 erbaut, ersetzte jedoch einen Vorgängerbau.

Die Klausurbauten mit der Kirche

Der barocke Ehrenhof

Der Nabel jeder Klosteranlage ist die Klausur mit der Kirche. Wir betreten den Bereich durch eine repräsentative Toranlage aus Richtung Wirtschaftshof und stehen im barocken Ehrenhof. Diese dreiflügelige Anlage, die der mittelalterlichen Klausur unter Prior Schonlau westlich vorgesetzt wurde, hat seine Vorbilder in der herrschaftlichen Architektur. Entsprechend wähnt man sich hier weniger in einem Kloster als vor einer schlossartigen Residenz des Adels. Dieser repräsentative Charakter, der bereits in den Barockgärten Dalheims erkennbar war, ist im Ringen des Klerus um die Landesherrschaft nicht nur im Paderborner Land zu erklären.

Kloster Dalheim - Ehrenhof
Der barocke Ehrenhof als westlicher Teil der Klausurbauten

Die mittelalterliche Klosterkirche

Die spätgotische Klosterkirche ist ein schlichter langgezogener Saalbau, dessen steiler Raumeindruck durch die am Langhaus nach innen gezogenen Strebepfeiler nochmals verstärkt wird. Damit steht der Bau weitgehend in der regionalen Tradition der Augustiner-Chorherren und der Windesheimer Kongregation im westfälischen Raum. Vor allem die Klosterkirchen von Frenswegen (nicht mehr erhalten) bei Nordhorn und die von Wittenburg westlich von Hildesheim zeigen engste Verwandtschaft. Die Augustiner-Chorherrenstiftskirche Möllenbeck bei Rinteln ist dagegen eine Halle. Das Mutterkloster Dalheims in Böddeken verfügte über einen basilikalen Kirchenbau.

Die mittelalterliche Ausstattung der Dalheimer ist weitgehend verloren gegangen. Fragmente des ehemaligen Lettners sind an Ort und Stelle ausgestellt. Er trennte den Bereich der Chorherren vom Laienschiff. Ebenso werden Reste des gotischen Sakramentshauses gezeigt. Beide Ausstattungsstücke können um 1500 datiert werden und sind aus Baumberger Sandstein gefertigt.

Kreuzgang und Klausur

Ein wahres Schmuckstück ist der Kreuzgang des Klosters, von dem drei Flügel aus dem späten 15. Jahrhundert erhalten sind. Es sind die außerordentlich vielfältig gestalteten Schmuckformen aus Stuck (Konsolen, Rippen, Schlusssteine) und die Malerei, die den Besucher in ihren Bann ziehen. Der östliche Kreuzgangsflügel ist mit einem Zellengewölbe versehen, wie es in Westfalen singulär ist.

Auf unserem Rundgang werden wir aber auch durch eine Abfolge von spätmittelalterlichen Räumen geführt, die klassischerweise zu einer entsprechenden Klosteranlage gehören. Auch wenn die Ausstattung gänzlich verloren ging, werden die Besucher in jedem Raum ausführlich über dessen Funktion aufgeklärt. Dazu gehören natürlich der Kapitelsaal, das Parlatorium (Arbeits- und Sprechraum), das Refektorium (Speisesaal), das Dormitorium (Schlafsaal), eine Sakristei, ein Scriptorium (Schreibstube), die Bibliothek, eine Wärmestube und vieles mehr. Auch die Kellerräume sind erschlossen und für den Besucher zu erkunden.

Ausstellungen und Ausklang

Darüber hinaus werden die Räumlichkeiten für mehrere Ausstellungen genutzt. Ein Muss sollte auf jeden Fall die überaus informative Schau über die wechselvolle Geschichte des Klosters Dalheim sein. Eine weitere Abteilung präsentiert 1700 Jahre christliche Ordensgeschichte und die Entwicklung des Mönchtums. Mit dem dort vermittelten Wissen gelingt es, das in Dalheim Gesehene in einen größeren Kontext einzuordnen. Ebenfalls zu empfehlen ist eine Ausstellung über die Säkularisation in Westfalen. Wir erfahren hier Details über das Schicksal westfälischer Klöster im 19. und 20. Jahrhundert – ein Stück Regionalgeschichte, die bis in die Gegenwart reicht.

Wer nach diesen vielfältigen kulturellen Eindrücken noch Kraft hat, dem möchten wir eine kleine Wanderung entlang des Piepenbachs empfehlen. Hier in der Natur im Rücken des Klosters bekommt man einen kleinen Eindruck davon, welche kultivierende Leistung die Orden gerade in mittelalterlicher Zeit vollbracht haben. Wählt man dabei nicht nur den Weg im Tal, sondern am gegenüberliegenden Hang, so wird man mit einem wundervollen Ausblick über das gesamte Klostergelände belohnt. Als Ausklang des Tages unbedingt empfehlenswert!

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