Home / Alle Artikel / Kloster Schöntal im Tal der Jagst

Kloster Schöntal im Tal der Jagst

Posted on
Kloster Schöntal
Kloster Schöntal an der Jagst

Barocke Pracht im Jagsttal

Fährt man in Hohenlohe, einer Region im Nordosten von Baden-Württemberg, durch das tief ins Gebirge eingeschnittene Jagsttal, so trifft man unweigerlich auf die Abtei Schöntal, die hier in einer Flussschleife unvermittelt aus der Landschaft ragt. Mit seinem weitläufigen, mauerumstandenen Areal wirkt sie wie eine barocke Kirchenburg, die den gesamten Ort beherrscht. Das Dorf Schöntal besteht aus wenig mehr als dem Kloster und seinen Wirtschaftsbauten selbst. In der Einsamkeit der waldigen Erhebungen von Hohenlohe und im näheren Umfeld des Jagsttales ist die Abtei trotz oder gerade wegen ihrer Abgeschiedenheit ein zentraler Ort kultureller und administrativer Ereignisse und Vorgänge. Die gewaltigen barocken Klosterbauten dienen heute als gute Adresse für ein Bildungshaus. Diese geschichtsträchtige Stätte ist es wert, näher betrachtet zu werden.

Kloster Schöntal - Jagstbrücke
Brücke über die Jagst am Kloster

Historisches von der Gründung bis zur Säkularisation

Das Kloster Schöntal ist eine typische Zisterziensergründung des 12. Jahrhunderts. Mutterkloster war kein Geringeres als das Zisterzienserkloster Maulbronn. Als Stifter ist Wolfram von Bebenburg überliefert. Das genaue Datum der Stiftung ist nicht überliefert, doch diese wird durch Kaiser Friedrich Barbarossa im Jahre 1157 bestätigt. Das zunächst als „Neusaze“ benannte Kloster wurde möglicherweise erst zwischen 1157 und 1163 ins Tal verlegt. Es erhielt dabei den Namen „Speciosa Vallis“, was später ins Deutsche übersetzt zu Schöntal wurde. Im 14. Jahrhundert gelangte die Abtei zu erheblichem Wohlstand und wurde schließlich 1418 reichsunmittelbar. Sie unterstand nun in weltlichen Fragen Kaiser Sigismund und seinen Nachfolgern persönlich. In kirchlichen Angelegenheiten versuchten die Bistümer Würzburg und Mainz immer wieder Einfluss zu nehmen.

Schließlich erkor der örtliche Niederadel im Spätmittelalter Schöntal zu seiner Grablege. Davon zeugen zahlreiche Grabplatten und Epitaphien im Kreuzgang der Abtei. Unter ihnen befindet sich auch die Grabstätte des legendären Götz von Berlichingen. Das älteste Grabmal ist das für den 1337 verstorbenen Beringer von Berlichingen.

Wie in vielen Regionen Deutschlands brachten Reformation, Bauernkrieg und Dreißigjähriger Krieg Turbulenzen und Einschnitte mit sich. Mehrfach mussten Abt und Konvent das Kloster fluchtartig verlassen, konnten aber stets wiederkehren. Einige der dem Kloster inkorporierten Pfarreien in umliegenden Ortschaften wurden evangelisch. In seinem Bestand war die Abtei aber nicht bedroht. Ende des 16. Jahrhunderts fanden umfangreiche Bauarbeiten statt, von denen noch einige Bauten auf dem Klostergelände existieren. Das Gesicht Schöntals wurde vor allem in der Amtszeit des Abtes Benedikt Knittel (1683-1732) geprägt. Die in dieser Zeit errichteten Barockbauten zeugen noch heute von der größten Blüte des Klosters. 1802 erfolgte wie in unzähligen anderen Klöstern die Säkularisation und somit das Ende des Klosterlebens.

Kloster Schöntal im Jahre 1686
Kloster Schöntal im Jahre 1686 (Lithografie von 1884)

Bau- und Kunstgeschichte

Mittelalter

Über den wahrscheinlich spätromanischen Gründungsbau wissen wir nichts. Möglicherweise gab es stilistische Anregungen aus dem Mutterkloster Maulbronn. Man darf wohl annehmen, dass es sich den zisterziensischen Baugewohnheiten folgend um eine kreuzförmige Anlage mit Querhaus handelte, mit geradem Chorschluss und lediglich einem Dachreiter über der Vierung als Turmlösung. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde ein gotischer Kirchenbau vollendet. Viel wissen wir auch über ihn nicht. Eine Darstellung des Klosters aus dem Jahre 1686, die heute verschollen, aber durch eine Foto-Lithografie von 1884 überliefert ist, zeigt die Klosterkirche mit steilen Ostteilen und einem deutlich niedrigeren basilikalen Langhaus. Wahrscheinlich gehört letzteres dem spätromanischen Gründungsbau an. Für den geraden Chorschluss ist ein großes Ostfenster überliefert, wie wir es in den Zisterzienserabteien in Maulbronn oder Bebenhausen heute noch vorfinden.

Ältester erhaltener Baukörper des Klosters Schöntal ist die als Torkapelle dienende Kilianskapelle, die ursprünglich außerhalb des Klosterbezirks gelegen war. Die Chorturmkirche ist im Kern um 1300 zu datieren. Klausur, Kreuzgang und Torhaus entstanden um 1500 unter Abt Georg Hertlein (1492-1511). Von diesen Bauten existiert heute noch das Torhaus mit seinen Staffelgiebeln. Seit der Errichtung eines weiteren Torhauses im frühen 17. Jahrhundert fungiert es nur noch als innerer Zugang. Am Kreuzgang befand sich – ausweislich der bildlichen Darstellung von 1686 – ein Brunnenhaus, wie es ebenfalls noch in Maulbronn und Bebenhausen vorzufinden ist.

Kloster Schöntal - Torhaus und Dicker Turm
Torturm und Dicker Turm – links im Hintergrund das mittelalterliche Torhaus

Renaissance

Unter Abt Theobald Fuchs (1611-1626) erfuhr das Kloster einen repräsentativen Ausbau. 1617 bis 1618 entstand die „Alte Abtei“ als Zweiflügelbau, deren Name den ursprünglichen Zweck als Pferdestall und Gästehaus nicht mehr erkennen lässt. Auch die aufwendige Gestaltung mit Tordurchfahrt – es ist die dritte -, reichen Renaissanceformen an den Schaugiebeln und einem Treppenturm zeugen vom Anspruch, mit dem Fuchs seine Abtei am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges erneuern wollte. Hierzu gehört auch der 1621 entstandene äußere Torturm mitsamt dem zum Jagstübergang weisenden Dicken Turm, wodurch das Klosterareal nach Norden erweitert wurde.

Kloster Schöntal - Alte Abtei
Die Alte Abtei mit Treppenturm und Schweifgiebeln der Renaissance

In der Klosterkirche haben sich trotz des späteren barocken Neubaus zahlreiche Altäre aus der Schaffensphase der folgenden Jahrzehnte erhalten. Sie wurden in das barocke Ausstattungskonzept integriert. Ausführender Bildhauer war der auch für den Fürstbischof in Würzburg und den Grafen von Hohenlohe tätige Michael Kern. Insbesondere der Trinitätsaltar von 1628 in der nördlichen Chorkapelle ist hervorzuheben.

Barocker Ausbau

Klosterkirche

Die prägendste Zeit für das Kloster Schöntal war unzweifelhaft das frühe 18. Jahrhundert, in dem Klosterkirchen und Konventsgebäude gänzlich neu errichtet wurden. Die Bauten bestimmen bis heute die Silhouette von Schöntal. Als Architekt konnte Abt Knittel Johann Leonhard Dientzenhofer, ein bedeutendes Mitglied der Künstlerfamilie Dientzenhofer, gewinnen, die vor allem in Böhmen und Franken tätig war. Da Dientzenhofer noch vor Beginn der Bauarbeiten im Jahre 1707 starb, übernahmen zunächst Jakob Ströhlein und schließlich Jakob Schießer die Bauleitung. Insbesondere Schießer ergänzte und wandelte die Pläne Dientzenhofers ab. Zu Schießers Gesamtkonzept gehörte auch die 1716 bis 1720 errichtete Heilig-Kreuz-Kapelle, die als turmartiger Oktogonbau auf dem Kreuzberg hoch über dem Kloster thront.

Kloster Schöntal - Klosterkirche
Barocke Klosterkirche von Südosten

1717 wurde das Langhaus und 1736 die gesamte Abteikirche geweiht. Der als Hallenkirche mit Querhaus und Vierungskuppel ausgeführte Bau besticht durch seine ausgewogene Ausstattung und den einheitlichen Raumeindruck. Zahlreiche Künstler waren an der Ausmalung, den Stuckarbeiten, den Altären und sonstigen plastischen Werken beteiligt. Vielfach wurden regionale Werkstätten herangezogen. Herausgehoben seien der Stuckateur Johann Bauer, der auch an der Abteikirche im nahen Großcomburg tätig war, sowie die Bildhauerfamilie Sommer aus Künzelsau, die über mehrere Generationen an der Ausstattung der Klosterkirche beteiligt war. Hervorzuheben für den barocken Neubau sind die Brüder und Bildhauer Georg Christoph und Philipp Jakob Sommer. Der Hochaltar, der erst 1773 entstand, stammt von Johann Michael Fischer aus Dillingen.

Konventsgebäude

Erste Planungen für die Konventsgebäude stammten noch von Dientzenhofer. Die Bauarbeiten zogen sich mit veränderten Entwürfen bis 1749 hin. Hauptverantwortlich für das gewaltige Geviert mit der Neuen Abtei im Westen zeichnet der eher unbekannte Architekt Christian Fluhr. Herausragend zeigt sich die Fassade mit den Eck- und einem übergiebelten Mittelrisaliten. In letzterem sitzt ein reich gestaltetes Barockportal als Haupteingang in die Abtei.

Im Innern ist vorrangig das im Rokokostil erschaffene Treppenhaus mit gegenläufiger Stiege hervorzuheben. Sapientia und Scientia – die Verkörperungen von Weisheit und Wissenschaft – empfangen die Eintretenden. Die Brüstungen sind dicht mit Rocailleschnitzereien und einem schwarzen Reichsadler besetzt. Im ersten Stock zieht ein Schmiedegitter den Blick auf sich. Auch wenn viele Räume später neuen Bedürfnissen angepasst wurden, so zeigen sich noch Ordenssaal, Bildersaal und Festsaal im historischen Gewandt. Beim Rundgang fallen die kunstvoll gereimten Verse des Abtes Knittel auf, die die Zellentüren der Mönche bekrönen.

Kloster Schöntal - Neue Abtei - Treppenhaus
Treppenhaus in der Neuen Abtei

Würdigung

Die Bedeutung des Klosters Schöntal liegt nicht in der künstlerischen Einzigartigkeit ihrer Einzelteile. Dazu ist dann doch die Ausführung der Barockbauten, verglichen mit der opulenten Architektur Süddeutschlands, zu sehr im Mittelmaß anzusiedeln. Vielmehr ist es die Geschlossenheit der Gesamtanlage bis zu den Wirtschaftsgebäuden, der Ringmauer und den zahlreichen Torbauten sowie die außergewöhnlich reizvolle landschaftliche Lage, die Schöntal zu einem Gesamtkunstwerk barocker Architektur und Kulturort erster Güte machen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Top