
Geschichte des Ortes
Giethoorn und seine Umgebung sind so etwas wie die Niederlande en miniature. Unzählige Reetdachhäuser und Kanäle prägen das Dorf, das jährlich von Massen an Touristen überschwemmt wird. Nur wenige wissen, dass die pittoreske Siedlung in der Provinz Overijssel bereits auf das 13. Jahrhundert zurückgeht. Flagellanten aus dem Mittelmeerraum – eine christliche Laienbewegung – sollen laut Überlieferung die ersten Siedler gewesen sein. Der Ort wurde in seiner Geschichte mehrfach umgesiedelt, zuletzt im 17. Jahrhundert an seinen jetzigen Standort. Im 16. Jahrhundert wurde in Giethoorn eine mennonitische Gemeinde gegründet, eine der ersten in den Niederlanden. Die Mennoniten waren eine zeitweilig verfolgte evangelische Freikirche, die in abgelegenen Gegenden wie hier ideal Zuflucht fanden. Der heutige Kirchenbau stammt aus dem Jahre 1871.
Als wichtigster Wirtschaftszweig Giethoorns galt über Jahrhunderte der Torfabbau. Wer das erste Mal in diese Gegend kommt, wird sich über die schier unendliche Zahl parallel verlaufender Kanäle wundern. Sie sind nicht natürlichen Ursprungs, sondern zeugen von der langen Tradition der Torfgewinnung. Um 1750 stellte das Dorf die Lebensgrundlage auf Viehzucht um. Die Kanäle und Grachten blieben aber die vorherrschenden Transportwege für Vieh, Heu und allerlei Güter. Noch heute existieren in Giethoorn 176 Brücken mit steilen Aufgängen, um die Durchfahrt der Kähne zu ermöglichen.


Touristische Destination
Giethoorn ist eine touristische Attraktion par excellence und wird in diesem Kontext gerne auch als Venedig der Niederlande bezeichnet. Wenn man den urtümlichen Charme des Dorfes erleben möchte, sollte man die Sommerferien und die Wochenenden meiden. Gegen Abend, wenn die Scharen wieder in ihren Gefährten sitzen, kehrt in dem Ort halbwegs Ruhe ein. Die meisten Besucher werden entlang eines Stichkanals, der Cornelisgracht, die von dem Kanal Beukers-Steenwijk zum Dorfkanal (Dorpsgracht) führt, zum historischen Ortskern gelangen. An seinem Ufer findet sich das unvermeidbare gastronomische Angebot im Übermaß. Und bereits hier empfangen uns die vielen Bootsverleihe, die mit ihren Flüsterbooten (Fluisterboot: kleine Boote mit leisem Elektromotor) zum Erkunden der Grachten einladen.

Danach erreichen wir das eigentliche Dorf an der Dorpsgracht, die sich über mehrere Kilometer an reetgedeckten Bauernhäusern und unter den vielen Holzbrücken schier endlos hinzieht. Gleich zu Beginn steht im Dorfkern die Minoritenkirche und ihr gegenüber das Museum von Giethoorn mit einem angrenzenden Bootshaus. Ein Weg führt ab hier in beide Richtungen parallel zur zentralen Gracht, von der unzählige kleine Kanäle abzweigen. Nach Osten führen sie in den See Bovenwijde, der hinter dem Dorf die Wasserlandschaft erweitert. Er entstand bei Sturmfluten vor rund 200 Jahren, als die schmalen Stege, die beim Torfstechen zwischen den Kanälen stehenblieben, den Wassermaßen nicht standhielten und zu einer gemeinsamen Wasserfläche verschmolzen.


Nationalparks Weerribben-Wieden
Wie war das noch einmal mit den Flüsterbooten? Selbstverständlich kann man die bemerkenswerte Kultur- und Naturlandschaft auch mit eigenem oder geliehenem Kanu erkunden, wofür an jeder Kanalbiegung auch Rastplätze zur Verfügung stehen. Für weniger Sportliche bietet ein Fluisterboot eine geruhsame Alternative. Die Routen in dem unübersichtlichen Wassernetz sind vorbildlich ausgeschildert. Allerdings kann es im Nahbereich von Giethoorn zu Stoßzeiten sehr eng werden, weshalb die Dorpsgracht als Einbahnstraße ausgewiesen ist.

Unser Tipp: Da Giethoorn Teil des Nationalparks Weerribben-Wieden ist und sich die beschriebenen Landschaften auf ein größeres Areal erstrecken, empfiehlt es sich, die zu manchen Zeiten überfüllten Wasserstraßen rund um Giethoorn zu meiden. Nördlich des wahrhaft pittoresken Örtchens Blokzijl erstreckt sich rund um die zentrale Kalenbergergracht ein dichtes Netz an Torfkanälen, das durch undurchdringliche Schilfflächen mit den charakteristischen Entwässerungsmühlen führt. Hier ist man von größeren Menschenmassen verschont. In den hübschen Dörfern Kalenberg und Ossenzijl existiert die nötige Infrastruktur, um Boote zu mieten oder sich kulinarisch umzuschauen.